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Bundesgerichtshof zur unerlaubten Rechtsdienstleistung eines Architekten Bauvertragsentwurf – Skontoklausel
Zivilrecht

(Kiel) Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass eine Vereinbarung, durch die sich ein Architekt verpflichtet, eine von ihm selbst entworfene, der Interessenlage des Bestellers entsprechende Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern zur Verfügung zu stellen, wegen eines Verstoßes gegen das in § 3 RDG geregelte gesetzliche Verbot nach § 134 BGB nichtig ist.

Darauf verweist die Frankfurter Rechtsanwältin und Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht Helene–Monika Filiz, Präsidentin des VBMI - VERBAND DEUTSCHER ANWÄLTE für Bau-, Miet- und Immobilienrecht e. V. mit Sitz in Kiel unter Hinweis auf das Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 09.11.2023 – VII ZR 190/22 (OLG Stuttgart).

Sachverhalt:

Der Kläger begehrt von dem beklagten Architekten Schadensersatz. Anfang 2020 beauftragte der Rechtsvorgänger der Klägerin den Beklagten mit Architektenleistungen der Leistungsphasen 1-8 gem. § 33 HOAI (200) hinsichtlich des Neubaus eines Fabrikations- und Verwaltungsgebäudes. Der Beklagte stellte der Klägerin u.a. einen Bauvertragsentwurf mit einer von ihm vorformulierten Skontoklausel zur Verfügung, den diese bei der Beauftragung von zumindest vier bauausführenden Unternehmern verwendete.

Unter der Verwendung der Klausel

„die Fa. gewährt (…) ein Skonto von 3 % bei Zahlungen der durch die Bauleitung geprüften und angewiesenen Abschlagszahlungen bzw. Schlussrechnung innerhalb 10 Arbeitstagen nach Eingang bei der Bauherrschaft“

sind mehrere Werkverträge geschlossen worden.

Von der Schlussrechnung der J-GmbH behielt die Klägerin einen 3 %-igen Skontoabzug von € 105.125 netto (entspricht € 125.098,76 brutto) ein. Sie begehrt Schadensersatz.

Das LG hat der Klage stattgegeben (LG Tübingen 23.12.2021 – 7 O 426/20). Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen (OLG Stuttgart 30.09.2022 – 10 U 12/22). Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Die Revision führte zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

Entscheidungsgründe:

Das Berufungsgericht stellte zunächst fest, dass eine Pflichtverletzung der Beklagten nicht vorgelegen hat. Die Leistungsphase 7 der HOAI (2009) beinhalte zwar, die Pflicht des Architekten bei der Auftragserteilung mitzuwirken. Unter Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei die Vorbereitung und Anpassung der Verträge zu verstehen. Damit komme jedoch nicht zum Ausdruck, dass der Beklagte einen juristisch geprüften, rechtlich einwandfreien Vertragsentwurf geschuldet habe. Ein Architekt würde, wie ein Rechtsanwalt behandelt werden, wenn man ihm die Pflicht auferlegte, jede selbst entworfene oder aus einem ihm zur Kenntnis gelangten Bauvertrag entnommene Klausel einem Anwalt zur Überprüfung vorzulegen. Das Architektenhonorar decke grundsätzlich die Leistung des Architekten ab und nicht zusätzliche Anwaltskosten.

Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Zwar hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht einen Schadenersatzanspruch der Klägerin aus § 634 Nr. 4 BGB, § 280 Abs. 1 BGB verneint. Der Revision kann aber gleichwohl der Erfolg nicht versagt werden, weil das Berufungsgericht bei seiner rechtlichen Würdigung den Streitstoff nicht ausgeschöpft hat.

Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts kommt nämlich ein Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB, 241 Abs. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG in Betracht, weil der Beklagte durch die Zurverfügungstellung der Klausel, die von ihm selbst entworfen war, gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz verstoßen hat. Unter diesem Aspekt hat das Berufungsgericht den Sachverhalt nicht geprüft und deshalb eine hierauf gestützte Haftung des Beklagten in seine Erwägungen nicht einbezogen.

Die von dem beklagten entfaltete Rechtsdienstleistung war nicht erlaubt nach Maßgabe des § 5 Abs. 1 S. 1, 2 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn sie als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Ziel dieser Regelungen ist es einerseits, diejenigen, die in einem nicht spezifisch rechtsdienstleistenden Beruf tätig sind, in ihrer Berufsausübung nicht zu behindert und andererseits, den erforderlichen Schutz der Rechtsuchenden vor unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.

  • Pflicht des Architekten sei es, die Leistungen zu erbringen, die erforderlich sind, um die mit dem Besteller vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Dieses Aufgabengebiet weist vielfältige Berührungspunkte zur Rechtsdienstleistungen auf. Nach der Rspr. des BGH muss der Architekt als geschäftlicher Oberleiter, sachkundiger Berater und Betreuer des Bauherrn nicht unerhebliche Kenntnisse des Werkvertragsrechts des BGB und der entsprechenden Vorschriften der VOB/B besitzen.
  • Der Architekt ist jedoch nicht einem Rechtsberater des Bauherrn gleichzusetzen. Eine allgemeine Rechtsberatung wird von dem Berufsbild des Architekten nicht erfasst, da es insoweit an einer hinreichenden juristischen Qualifikation fehlt. Insoweit greift der Zweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, den Schutz der Rechtssuchenden von unqualifiziertem Rechtsrat zu gewährleisten.
  • Die Zurverfügungstellung einer der Interessenlage des Klägers entsprechenden Skontoklausel zur Verwendung in den Verträgen mit den bauausführenden Unternehmern geht über die typischerweise mit der Realisierung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus. Denn die Erfüllung einer solchen Pflicht erfordert qualifizierte Rechtskenntnisse, wie sie grundsätzlich nur in der Anwaltschaft vorhanden sind. Der Architekt wird in der Realisierung der vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele nicht behindert. Ohne selbst eine Skontoklausel zur Verfügung zu stellen, die die Interessenlage des Bauherrn im Verhältnis zu den bauausführenden Unternehmen abbildet, kann er dieses Ziel realisieren.

Die Rechtsdienstleistung ist weder mittelbar noch unmittelbar erlaubt. Die von der Beklagten übernommene Rechtsdienstleistung ist auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil er sich nach seinem Vortrag hinsichtlich der Skontoklausel der Hilfe eines Rechtsanwaltes bedient hat. Die Einbeziehung eines Rechtsanwaltes als Erfüllungsgehilfen zur Erbringung der Rechtsdienstleistung ändert nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht an der Unzulässigkeit der Rechtsdienstleistung und der Nichtigkeit der entsprechenden schuldrechtlichen Vereinbarung.

Die Erwägungen des Berufungsgerichts zur Unwirksamkeit der vorgeschlagenen Klausel gem. § 307 BGB im Hinblick auf die Berechnung der Skontofrist, auf die der Auftragnehmer keinen Einfluss hat, hält das Revisionsgericht nicht beanstandungswürdig.

Insoweit ist im Hinblick auf Dienstleistungen, die die Grenze zum Rechtsdienstleistungsgesetz überschreiten, gerade aus Sicht von Architekten und Ingenieure zu beachten, dass die entsprechende Berufshaftpflichtversicherung in einem derartigen Fall nicht eintrittspflichtig ist, da es eben nicht zum typischen Berufsbild eines Architekten und/oder Ingenieurs gehört, unzulässige Rechtsdienstleistungen zu erbringen.

 

VBMI Kiel, den 01.02.2024

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