Markterkundung vor der Vergabe
§ 28 Abs. 1 VgV und § 20 UVgO regeln:
„Vor der Einleitung eines Vergabeverfahrens darf der öffentliche Auftraggeber Markterkundungen zur Vorbereitung der Auftragsvergabe und zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Auftragsvergabepläne und -anforderungen durchführen.“
Siehe auch § 2 EU Abs. 7 VOB/A, § 2 Abs. 5 VOB/A.
Ziele der Markterkundung
Am Anfang einer Markterkundung steht eine Beschaffungs-idee bzw. ein Bedarf an bestimmten Produkten oder Leistungen. Die Markterkundung dient dazu, diese Idee bzw. diesen Bedarf unter Berücksichtigung der jeweiligen Markt- und Anbietersituation zu konkretisieren. Denn mit einem fundierten Marktüberblick fällt es leichter, die Anforderungen an die Leistung bei der anschließenden Beschaffung so auszuformulieren, dass passende und attraktive Angebote eingehen. Die Ansicht, eine Markterkundung und damit eine Ansprache des Marktes vor der Durchführung einer Beschaffung sei nicht zulässig, ist immer noch weit verbreitet. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die vergaberechtlichen Vorschriften erlauben dem öffentlichen Auftraggeber, eine Markterkundung zur Vorbereitung der Auftragsvergabe und zur Unterrichtung der Unternehmen über seine Auftragsvergabepläne und -anforderungen durchzuführen.
Formen und Ablauf der Markterkundung
Hat der Auftraggeber seinen Beschaffungsbedarf skizziert sowie seine zu klärenden Fragen niedergeschrieben, kann die Markterkundung beginnen. Dabei kann der Auftraggeber zunächst auch auf gängige Informationsquellen zurückgreifen.
Für allgemeine Informationen bieten sich an:
- Internetrecherchen
- Anfragen bei Berufskammern, Verbänden, Auftragsberatungsstellen der Industrie- und Handelskammern, etc.
- Messebesuche
- Kataloge und Fachzeitschriften
- Recherchen im Bekanntmachungsservice, im TED oder auf bund.de und dadurch Zugriff auf Unterlagen anderer Auftraggeber auf den Vergabeportalen
- Individuelle Abfragen bei möglichen Bietern
- persönliche Präsentationen/Produktvorstellungen durch Marktteilnehmer
- sonstige Marktsondierungsgespräche mit einzelnen Marktteilnehmern
Markterkundung und Vorbefassung
Wird ein Unternehmen im Rahmen einer Markterkundung befragt oder berät es den Auftraggeber im Vorfeld einer Beschaffung, kann es für ein Unternehmen zu einer sog. „Vorbefassung“ führen (vgl. § 7 VgV, § 5 UVgO). Die Teilnahme eines vorbefassten Unternehmens am Vergabeverfahren ist grundsätzlich zulässig. Der öffentliche Auftraggeber hat jedoch Maßnahmen zur Wiederherstellung der Chancengleichheit der Unternehmen zu ergreifen. Das heißt, er hat dafür zu sorgen, dass alle Unternehmen über den gleichen Informationsstand verfügen, in dem er die In-formationen oder aber auch Unterlagen oder Ausarbeitungen allen Bietern gleichermaßen zur Verfügung stellt.
Beispiel:
Übergabe von ausgearbeiteten Planungsunterlagen, die vom Unternehmen nach der HOAI ausgearbeitete Entwurfsplanung im Vorfeld der Ausschreibung der weiteren Leistungsphasen der Planung oder die Übergabe von technischen Ergebnissen o. ä.
Haben Unternehmen durch ihre Teilnahme an der Markterkundung ggf. auch einen zeitlichen Vorsprung erlangt, hat der öffentliche Auftraggeber diesen durch entsprechend längere Fristen im Vergabeverfahren auszugleichen.
Bernd Klinkhammer, RA Martin Adams,
teamwerk AG, teamgeist, Ausgabe Nr. 26 - 02/2024
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