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EuGH: Gleiche Bedingungen für Fernsehen und digitale audiovisuelle Abrufdienste
IT-Recht/Medienrecht

Der Gerichtshof der europäischen Union in Luxemburg hat mit dem Urteil in der Rechtssache C-347/14 dafür gesorgt, dass Internet-Sites mit audiovisuellen Inhalten als „Sender“ betrachtet werden können. Daraus folgt für die Bundesrepublik Deutschland, dass sich die Landesmedienanstalten als zuständige Regulierungsbehörde der entsprechenden Sites bzw. Sub-Sites annehmen müssen.

Im vorliegenden Fall geht es um die Auseinandersetzung zwischen der New Media Online GmbH aus Innsbruck, die die Website TIROLER TAGESZEITUNG ONLINE (www.tt.com) betreibt und der Medienaufsicht KommAustria bzw. dem Bundeskommunikationssenat, beide Wien. Ein Link auf der tt-Website mit der Bezeichnung „Video“ führte zu einer Sub-Domain, auf der laut EuGH-Presse-Info Nr. 127/15 vom 21. Okt. 2015 „anhand eines Suchkatalogs mehr als 300 Videos angesehen werden konnten. Diese Videos unterschiedlicher Länge (30 Sekunden bis mehrere Minuten) betrafen verschiedene Themen, wie etwa lokale Veranstaltungen und Ereignisse, Befragungen von Passanten zu aktuellen Themen, Sportveranstaltungen, Filmtrailer, Bastelanleitungen für Kinder oder redaktionell ausgewählte Videos von Lesern. Nur wenige Videos hatten einen Bezug zu den Artikeln auf der Website der Zeitung. Ferner wurde ein Teil der Videos von einem regionalen Fernsehsender, Tirol TV, produziert und war auch auf dessen Website zugänglich.

Das nahm KommAustria zum Anlass, die Sub-Domain als „audiovisuellen Mediendienst auf Abruf“ einzustufen, der in Österreich einer Anzeigepflicht unterliegt. Dagegen ging die New Media Online GmbH ohne Erfolg in Berufung beim Bundeskommunikationssenat (das ist die zuständige Behörde für Berufungen gegen Entscheidungen von KommAustria). Daher wanderte die Sache zum österreichischen Verwaltungsgerichtshof, der sich an den EuGH wandte und um Auslegung der „Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste“ bat.

Maßgeblich ist das mediale Wettbewerbsumfeld

In seinem Urteil antwortet der EuGH laut Presse-Info erstens, „dass der Begriff SENDUNG im Sinne der Richtlinie die Bereitstellung kurzer Videos, die kurzen Sequenzen aus lokalen Nachrichten, Sport oder Unterhaltung entsprechen, in einer Sub-Domain der Website einer Zeitung erfasst.
Der Gerichtshof stellt insbesondere fest, dass die Dauer der Videos unerheblich ist und sich die Art und Weise, wie die in Rede stehenden Videos ausgewählt werden, nicht von derjenigen unterscheidet, die im Rahmen der audiovisuellen Mediendienste auf Abruf vorgeschlagen wird. Zudem treten Videos wie die in Rede stehenden in Wettbewerb zu den von den regionalen Fernsehsendern angebotenen Informationsdiensten sowie zu Musikkanälen, Sportkanälen und Unterhaltungssendungen. Die Richtlinie zielt aber gerade darauf ab, dass in einem besonders wettbewerbsstarken Medienumfeld für Anbieter, die sich an das gleiche Publikum richten, die gleichen Regeln gelten und verhindert wird, dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf wie die fragliche Videosammlung dem herkömmlichen Fernsehen gegenüber unlauteren Wettbewerb betreiben können.

Digitale Zeitungen sind keine audiovisuellen Mediendienste.

Der Gerichtshof antwortet zweitens, dass bei der Beurteilung des Hauptzwecks eines in der elektronischen Ausgabe einer Zeitung angebotenen Dienstes der Bereitstellung von Videos darauf abzustellen ist, ob dieser Dienst als solcher in Inhalt und Funktion gegenüber der journalistischen Tätigkeit des Betreibers der Website eigenständig und nicht nur eine – insbesondere wegen der zwischen dem audiovisuellen Angebot und dem Textangebot bestehenden Verbindungen – unabtrennbare Ergänzung dieser Tätigkeit ist. Diese Beurteilung ist Sache des Verwaltungsgerichtshofs. Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass die elektronische Ausgabe einer Zeitung trotz der audiovisuellen Elemente, die sie enthält, nicht als ein audiovisueller Dienst zu betrachten ist, wenn diese audiovisuellen Elemente eine Nebenerscheinung darstellen und nur zur Ergänzung des Presseartikelangebots dienen.

„Eigene Video-Bereiche müssen gesondert betrachtet werden"

Der Gerichtshof weist jedoch darauf hin, dass ein audiovisueller Dienst nicht immer und schon dann vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen ist, wenn der Betreiber der Website, zu der dieser Dienst gehört, eine Online-Zeitung verlegt. Ein Video-Bereich, der im Rahmen einer einheitlichen Website die Voraussetzungen für eine Einstufung als audiovisueller Mediendienst auf Abruf erfüllt, verliert diese Eigenschaft nicht allein deshalb, weil er von der Website einer Zeitung aus zugänglich ist oder in deren Rahmen angeboten wird. Im vorliegenden Fall scheinen nur wenige Presseartikel mit den fraglichen Videosequenzen verlinkt zu sein. Auch ist offenbar die Mehrheit dieser Videos unabhängig vom Abrufen der Artikel der elektronischen Ausgabe der Zeitung zugänglich und abrufbar. Diese Gesichtspunkte sprechen dafür, dass der in Rede stehende Dienst in Inhalt und Funktion gegenüber der journalistischen Tätigkeit von New Media Online eigenständig und damit ein Dienst ist, der sich von den übrigen von New Media Online angebotenen Diensten unterscheidet. Diese Beurteilung ist jedoch Sache des Verwaltungsgerichtshofs.

Der Titelschutz Anzeiger , Nr.: 1246, Woche 44, 27. Oktober 2015

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