Über einen Fall mit leicht pikanter Note hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden: Ein Journalist, der im September 2011 in einer überregionalen Tageszeitung über einen Einsatz der Polizei und der Steuerfahndung in einem Swinger-Club berichtet hatte, wollte vom Finanzministerium des beklagten Landes Nordrhein-Westfalen nähere Auskünfte haben. Sein Auskunftsbegehren richtete sich unter anderem darauf, wie lange der Einsatz gedauert hat, wer bei dem Einsatz federführend war und ihn veranlasst hat, ob Beweismaterial gesichert worden ist, ob es Festnahmen gegeben hat oder ob Haftbefehle erlassen worden sind.
Das zuständige Finanzamt verweigerte dem Journalisten unter Hinweis auf das Steuergeheimnis die erbetenen Auskünfte. Daraufhin reichte der Journalist beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage ein – ohne Erfolg, denn die Klage wurde abgewiesen (Urteil vom 21. Feb. 2014 – Az.: 26 K 5622/12). Der Journalist blieb hartnäckig und ging in Berufung, folglich wanderte der Fall zum Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen nach Münster. Auch der OVG-Senat lehnte den Auskunftsanspruch des Journalisten ab (Urteil vom 18. Oktober 2017 – Az.: 15 A 651/14).
Der Journalist verfolgte seine Interessen weiter und legte gegen das OVG-Urteil Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein. Auch dort musste er eine Niederlage einstecken: Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 29. August 2019 – Az: BVer-wG 7 C 33.17).
Die Auslegung der Vorschrift zum Steuergeheimnis - § 30 der Abgabenordnung (AO) - durch das Oberverwaltungsgericht in Münster ist mit revisiblem Recht vereinbar. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die verfassungsrechtlich gewährleistete Pressefreiheit nicht gebietet, § 30 AO einschränkend dahin auszulegen, dass bei presserechtlichen Auskunftsansprüchen stets eine „offene“ Einzelfall-Abwägung vorzunehmen bzw. eine Ermessensentscheidung zu treffen ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff des „zwingenden öffentlichen Interesses“ in § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO bietet ausreichend Raum, um der Pressefreiheit Rechnung zu tragen und die spezifischen Einzelfall-Umstände abzuwägen.
Der Journalist wies in seinen Klagen immer darauf hin, dass durch die Auskünfte keine privaten Interessen bedroht sein. Diesem Argument folgte keine Instanz. Das Bundesverwaltungsgericht machte deutlich, dass die OVG-Richter bei ihrem Urteil einerseits den Zweck des Steuer-Geheimnisses keineswegs verkannt haben und andererseits der Auslegung der Vorschrift zum Steuer-Geheimnis im Sinne der Pressefreiheit ausreichend Rechnung getragen haben. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Abwägung begegnet nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts keinen Bedenken. Einen Anspruch auf Auskunft über sensible Daten haben Journalisten nur, wenn auch ein zwingendes öffentliches Interesse vorliegt. Das Interesse über einen Polizei-Einsatz im Swinger-Club zu berichten, erfüllt dieses Kriterium jedoch nicht. (ps)
Der Titelschutzanzeiger, Nr. 1427, Woche 35, 30.08.2019
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