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BGH lässt beim EuGH den Umfang des Zitatrechts der Presse klären
IT-Recht/Medienrecht

Im Verfahren zwischen dem Grünen-Politiker Volker Beck und Spiegel Online um die Berichterstattung über umstrittene Zitate von Volker Beck über die „teilweise Entkriminalisierung von gewaltfreiem Sex mit Kindern“ aus den 80er Jahren hat der Bundesgerichtshof in Karlsruhe nun dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in Luxemburg Fragen zur Abwägung zwischen dem Urheberrecht und den Grundrechten auf Informations- und Pressefreiheit sowie zum urheberrechtlichen Zitatrecht der Presse und zur Schutzschranke der Berichterstattung über Tagesereignisse vorgelegt (Beschluss vom 27. Juli 2017 – I ZR 228/15)

1998 erschien ein Buch mit einem Text von Volker Beck mit folgendem Satz:„Eine Entkriminalisierung der Pädosexualität ist angesichts des jetzigen Zustands ihrer globalen Kriminalisierung dringend erforderlich, nicht zuletzt weil sie im Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen aufrechterhalten wird.“

Beck warf dem Herausgeber vor, sein Manuskript verändert zu haben und distanzierte sich auch von seinen Formulierungen. Als 2013 das Original-Manuskript auftauchte, stellte sich heraus, dass die beiden Fassungen nahezu identisch sind. Beck publizierte beide Versionen auf seiner Homepage und gab sie auch an die Medien weiter. Ohne Einverständnis von Volker Beck stellte Spiegel Online den Text komplett ins Netz und kam in einer kritischen Story zu dem Schluss, dass es so gut wie keine Unterschiede geben würde.

In der Veröffentlichung seiner Texte sieht Beck eine Verletzung seines Urheberrechts und klagte mit Erfolg beim Landgericht Berlin (Urteil vom 17. Juni 2014 – 15 O 546/13). Auch das Kammergericht Berlin gab Beck Recht. (Urteil vom 7. Oktober 2015 – 24 U 124/14). Das Hamburger Medienhaus wandte sich an den BGH, der das Verfahren nun erst einmal aussetzt und die Einschätzung des EuGHs abwartet.

In der BGH-Presse-Info Nr. 124/2017 vom 27. Juli 2017 heißt es: „Zum einen sind im Streitfall die Fragen entscheidungserheblich, die der Senat bereits in der Sa-che „Afghanistan Papiere“ zum Gegenstand eines Vorlagebeschlusses gemacht hat (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2017 – I ZR 139/15, vgl. Pressemitteilung Nr. 87/2017 vom 1. Juni 2017). Darüber hinaus umfasst der Vorlagebeschluss Fragen zu den Voraussetzungen der Schutzschranken der Berichterstattung über Tagesereignisse und des Zitatrechts.

So hat der Bundesgerichtshof dem EuGH die Frage vorgelegt, ob die öffentliche Zugänglichmachung von urheberrechtlich geschützten Werken im Internetportal eines Presseunternehmens bereits deshalb nicht als erlaubnisfreie Berichterstattung über Tagesereignisse gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. c Fall 2 der Richtlinie 2001/29/EG anzusehen ist, weil es dem Presseunternehmen möglich und zumutbar war, vor der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke des Urhebers seine Zustimmung einzuholen.

Nach Ansicht des Bundesgerichtshof stellt sich im Streitfall weiter die Frage, ob es an einer Veröffentlichung zum Zwecke des Zitats gemäß Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG fehlt, wenn zitierte Textwerke oder Teile davon nicht - beispielsweise durch Einrückungen oder Fußnoten – untrennbar in den neuen Text eingebunden werden, sondern im Internet im Wege der Verlinkung als selbständig abrufbare PDF-Dateien öffentlich zugänglich gemacht und unabhängig von der Berichterstattung der Beklagten wahrnehmbar werden.

Der Bundesgerichtshof hat dem EuGH ferner die Frage vorgelegt, wann Werke im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Buchst. d der Richtlinie 2001/29/EG der Öffentlichkeit rechtmäßig zugänglich gemacht wurden und ob darauf abzustellen ist, dass die Werke in ihrer konkreten Gestalt bereits zuvor mit Zustimmung des Urhebers veröffentlicht waren. Das ist vorliegend fraglich, weil der Buchbeitrag des Klägers im Sammelband in einer veränderten Fassung erschienen und das Manuskript des Klägers auf seiner Internetseite mit den Distanzierungsvermerken veröffentlicht ist.“

(ps)

Titelschutzanzeiger Nr. 1336, Woche 31, 1. Aug. 2017, eingestellt FMP-Recht

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