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Das Patientenrechtegesetz will Patient und Arzt auf Augenhöhe bringen
Arztrecht und Medizinrecht

Eckhard Mäurer, Mainz

Das Patientenrechtegesetz: Bringt es wirklich Neues oder bündelt es nur die bisherige Rechtsprechung? Es ist sicherlich nicht so, dass Patienten in Deutschland bisher keine Rechte hatten.

Diese waren allerdings in ganz verschiedenen Gesetzen verstreut. Das Patientenrechtegesetz fasst diese Regelungen zusammen. Es ist also gerechtfertigt davon auszugehen, dass mit diesem Gesetz nichts Neues für Ärzte und Patienten geregelt wurde.

Dem ist allerdings nicht ganz so. Durch die Kodifizierung des Behandlungsvertrages als neuen Vertragstypus im BGB ist eine rechtlich bedeutsame Veränderung eingetreten. Der Gesetzgeber wollte durch diese Kodifizierung Rechtssicherheit und Transparenz erreichen. Patient und Arzt sollten „auf Augenhöhe“ gebracht werden.

Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten – Patientenrechtegesetz (PatRG) – BGBl I Nr. 9 vom 25.02.13., S. 277-282 -, das als Artikelgesetz erlassen wurde, ist am 26.02.2013 in Kraft getreten.

Mit diesem Gesetz ist eine Fülle von Regelungen für die Patienten, die bereits im Satzungsrecht der Landessärztekammer, sowie anderer Kammern geregelt waren und als Einzelfälle durch die ständige Rechtsprechung der Gerichte entschieden waren, nunmehr insbesondere im Bürgerlichen Gesetzbuch – BGB – unter Titel 8 „Dienstvertrag und ähnliche Verträge“, Untertitel 2 „Behandlungsvertrag“ kodifiziert worden.

Darüber hinaus wurde mit diesem Artikelgesetz auch eine Reihe von anderen Gesetzen im Sinne von Patientenrechten geändert. Dabei handelt es sich um eine Änderung im fünften Buch des Sozialgesetzbuches, der Änderung der Patientenbeteiligungsverordnung, der Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte, der Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragszahnärzte und der Änderung der Bundesärzteordnung.

Mit den nachfolgenden Ausführungen soll auf Besonderheiten, vor allem in den Einzelregelungen des Behandlungsvertrags in den Paragraphen 630 a bis 630 h BGB eingegangen werden. Es ist allerdings zu bemerken, dass weder eine vollständige Kommentierung beabsichtigt sein kann, noch künftige Probleme erkannt werden, die sich sicherlich aus der Anwendung in der Praxis wie in der Rechtsprechung ergeben werden. Die weiteren Änderungen – neben dem BGB –, die das Patientenrechtegesetz mit sich gebracht hat, sollen einer weiteren Darlegung im Ärzteblatt vorbehalten bleiben.

Der Behandlungsvertrag ist ein neuer besonderer Dienstvertragstypus, der in den besonderen Teil des Schuldrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches eingefügt worden ist. Damit sind auf diese Bestimmungen alle rechtlichen Regelungen des allgemeinen Teils, des allgemeinen Schuldrechts und des besonderen Schuldrechts anzuwenden – sofern sie nicht eine spezielle Regelung des BGB in den Bestimmungen über den Behandlungsvertrag gefunden haben.

Im Hinblick auf Rechte und Pflichten aus diesem Vertrag und insbesondere in den in Haftungsfällen wichtigen Beweislastfragen, ist hier eine kodifizierte Regelung erfolgt. Im Einzelnen ist zu den Bestimmungen des Behandlungsvertrages Folgendes ausgeführt:

Paragraph 630 a BGB

Diese Bestimmung umschreibt die vertragstypischen Pflichten. Der Begriff der medizinischen Behandlung wird leider gesetzlich nicht näher definiert. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass damit nicht nur die Tätigkeit von Ärzten erfasst werden soll, sondern auch die von Angehörigen anderer Heilberufe, nämlich Psychotherapeuten, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Hebammen, Masseure, Medizinische Bademeister und Heilpraktiker. Bei manchen dieser Berufe dürften allerdings Zweifel bestehen, ob sich die bisherigen Rechtssprechungsgrundsätze auf sie anwenden lassen.
Es verbleibt bei der bisherigen Auffassung, dass der Arzt nicht den Heilerfolg schuldet, sondern nur das fachgerechte Bemühen um Genesung. Deshalb ist weiterhin Werksvertragsrecht anwendbar, soweit die Parteien einen Behandlungserfolg oder sonstigen medizinischen Erfolg vereinbaren. Dies ist zum Beispiel bei technischen Leistungen der Fall (Anfertigung von Prothesen). Diese Auslegung ergibt sich allerdings nur unter Hinzuziehung der Begründung zu diesem Gesetz.
Der Begriff „Behandelnder“ ist nach dem Gesetz derjenige, der die medizinische Behandlung zusagt. Nach allgemeinem Wortverständnis ist „Behandelnder“ auch beim Krankenhausvertrag der Arzt, der aber nicht Vertragspartner sein muss. Hierbei offenbart sich eine Schwäche des Gesetzes, indem die mannigfaltigen Fragen des Krankenhausvertrages nicht näher geregelt werden.

Weiterhin ist darauf hinzuweisen, dass Paragraph 630 a Abs. 2 BGB die Regelung des Paragraphen 276 Abs. 2 BGB ergänzt. Das bedeutet, dass die konkret erbrachte Leistung, sofern sie hinter dem medizinischen Standard verbleibt, entscheidend für die Feststellung eines Behandlungsfehlers sein kann. Das heißt, die bestehenden allgemein anerkannten fachlichen Standards beschränken somit die ärztliche Therapiefreiheit. Der Arzt muss also künftig mit dem Patienten eine Vereinbarung über die Abweichung von anerkannten fachlichen Standards vereinbaren. Früher ergab sich dies aus den Sorgfalts- und Aufklärungspflichten im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit. Hier wird man der künftigen Beurteilung durch die Gerichte bezüglich solcher Regelungen interessiert entgegensehen.

Paragraph 630 b BGB

Die subsidiäre Anwendbarkeit der allgemeinen Dienstvertragsvorschriften wird bedeutsam für die Frage der Vergütung. Die ärztliche oder zahnärztliche Behandlung richtet sich somit nach der GOÄ beziehungsweise der GOZ. Ebenso gilt die vorgenannte Bestimmung vorrangig im Hinblick auf die persönliche Leistungserbringung oder die Möglichkeit fristloser Kündigungen.

Paragraph 630 c BGB

Absatz 1 dieser Bestimmung regelt eine Selbstverständlichkeit, nämlich dass Behandelnder und Patient bei der Durchführung der Behandlung zusammenwirken sollen. Eine solche Bestimmung ist rechtlich nicht durchsetzbar. Gemeint ist natürlich die selbstverständliche vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Arzt und Patient.

Die Verpflichtung des Behandelnden, das heißt für unseren Fall der Arzt, hat in verständlicher Weise zu Beginn der Behandlung und soweit erforderlich in deren Verlauf die für die Behandlung wesentlichen Umstände zu erläutern. Das bedeutet, dass sich der Arzt die entsprechende Zeit für den Patienten im Hinblick auf seine Informationspflicht nehmen muss. Hierzu gehören insbesondere die Erläuterung der Diagnose, die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung, die Therapie und die zu und nach der Therapie zu ergreifenden Maßnahmen. Hier handelt es sich um die Sicherungsaufklärung. Sie ist begrifflich von der Selbstbestimmungsaufklärung im Sinne des Paragraph 630 e BGB zu unterscheiden. Letztere ist wichtig für die Wirksamkeit der Einwilligung für die medizinischen Behandlungen.

Die mangelnde therapeutische Aufklärung stellt nach wie vor einen Behandlungsfehler dar. Leider ist im Rahmen der therapeutischen Aufklärung die für die Sicherstellung des Behandlungserfolgs notwendige Erteilung von Schutz- und Warnhinweisen zwecks Befolgung ärztlicher Ratschläge, Mitwirkung des Kranken am Heilungsprozess und die Vermeidung möglicher Selbstgefährdungen nicht deutlich herausgestellt worden. Es findet hier leider eine Dopplung der Regelung von identischen Pflichten auch nach Paragraph 630 e Abs. 2 BGB statt.

In Paragraph 630 c Abs. 2 Satz 2 BGB ist eine Fehleroffenbarungspflicht des Arztes bezüglich fremdem wie eigenem Fehlverhalten festgelegt. Bisher galt, dass man eigene Fehler unaufgefordert nicht offenbaren musste. Es war allerdings eine Tendenz zu erkennen, dass dies im Falle von drohenden weiteren gesundheitlichen Schäden erfolgen musste.

Die Verletzung der Fehleroffenbarungspflicht dürfte keine eigenständige haftungsrechtliche Bedeutung erlangen. Der Patient hat Anspruch auf Schadensersatz aus Schäden aus Behandlungsfehlern. Er erhält nun einen Anspruch aus Verlet-zung der Informationspflicht, die aber nicht über die erstere hinausgeht.

Erheblichen Aufwand wird auch die wirtschaftliche Informationspflicht des Arztes, wie sie in Paragraph 630 c Abs. 3 BGB geregelt ist, gewinnen. Der Arzt muss den Patienten auf mögliche wirtschaftliche Folgen einer Behandlung hinweisen, insbesondere wenn die Kosten nicht vom Krankenversicherer – gesetzlich wie privat – übernommen oder erstattet werden. Diese Aufklärung ist streng von der medizinischen Aufklärung zu trennen. Es ist aber nicht auszuschließen, dass der Patient sie ebenso wie die medizinische Aufklärung für seine eigenverantwortliche Entscheidung braucht.
In der amtlichen Begründung geht man davon aus, dass der Arzt zur Auskunft über diese wirtschaftlichen Zusammenhänge im Rahmen der Behandlung am besten geeignet ist, weil er die Entscheidungen zum Beispiel des Gemeinsamen Bundesausschusses kennt, die Auskunft über den Umstand geben, ob eine Leistung vom Leistungsträger (Krankenkasse) übernommen wird. Auch hier dürfte von einem erheblichen zusätzlichen Aufwand auszugehen sein.
Weiterhin ist hier auch geregelt, dass wie bisher eine Textform der Aufklärung über die vertragliche Leistung erforderlich ist für Behandlungen, die nicht vom Leistungsträger übernommen werden und dennoch vom Patienten gegenüber dem Arzt gefordert werden. Das hat zur Folge, dass Vertragsärzte für die gewünschte Behandlung sowohl bei GKV-Patienten als auch bei Privatpatienten eine schriftliche Vertragsform wählen müssen.

Dieser Bestimmung gilt daher seitens der Ärzte besondere Aufmerksamkeit.<br>Die Paragraphen 630 e, 630 f, 630 g und 630 h werden in einem weiteren Teil rund um die Auswirkungen des Patientenrechte-gesetzes erläutert.

Literatur beim Autor
Der Autor:
Rechtsanwalt Eckhard Mäurer
Beratender Anwalt der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz
E-Mail: emaeurer@t-online.de
Bei Fragen berät Sie Ihre zuständige Bezirksärztekammer.
Ärzteblatt Rheinland-Pfalz ❙ 6/2013

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