Das Handy von Jochen Schulz klingelt oft. Meistens dann, wenn Patienten die Hilfe des Allgemeinmediziners brauchen. Doch nun rief ihn seine Anwältin an. Grund: Seine Kollegin Dr. Marlene Litsch und er, die in Nackenheim praktizieren und eine Filialpraxis in Lörzweiler eröffnen wollen, haben nach AZ-Informationen vorm Sozialgericht Recht bekommen. Genau genommen wurde der negative Bescheid, den die Kassenärztliche Vereinigung Rheinland-Pfalz (KV) den Medizinern mehrfach erteilt hat, aufgehoben. Das heißt nicht, dass es ab morgen wieder einen Arzt in Lörzweiler geben wird. Das heißt jedoch, dass die KV einen neuen Bescheid erteilen und dabei verschiedene Aspekte, die vor Gericht zur Sprache kamen, berücksichtigen muss. Für Schulz ein Grund zur Freude, denn er ist davon überzeugt, dass es nun mit der Genehmigung der Filialpraxis klappt: „Wir sollen die Zulassung kriegen“, sagt er, „wir sind froh, dass das Gericht zu unseren Gunsten entschieden hat.“
Zum Hintergrund: Der bisherige Arzt hatte seine Praxis in Lörzweiler im September 2009 aufgegeben. Darum wollten Jochen Schulz und seine Kollegin Marlene Litsch gern eine Filialpraxis eröffnen, sich ein zweites Standbein aufbauen. Doch die KV sagte dazu Nein, drei Anträge der Ärzte wurden abgelehnt. Schulz und seine Kollegin hatten geplant, zehn Stunden pro Woche in Lörzweiler präsent zu sein - die Hausbesuche nicht eingerechnet, die die KV gestattet. „Wir haben dem Vorgänger Abstand für medizinische Geräte und für die Übernahme der Patientenkartei gezahlt“, erklärt Schulz. In der Praxis in der Königstuhlstraße wurde auf Kosten der Nackenheimer Mediziner renoviert und es wurde monatlich Miete für die Räume fällig. Rund 20 000 Euro haben seine Kollegin und er in die Praxis in Lörzweiler gesteckt, schätzt er. Diese Investition soll nicht umsonst gewesen sein, hofft Schulz.
Einen Grund für die Entscheidung des Gerichts sieht Rechtsanwältin Tanja Roßmeier, die Schulz und Litsch vertritt und für die Rechtsanwälte Fromm FMP arbeitet, darin, dass die KV den Sachverhalt zu wenig aufgeklärt haben soll. Wie können Patienten von Lörzweiler in die umliegenden Gemeinden kommen, wo es Ärzte gibt? Wie weit ist der Weg von einer Bushaltestelle bis zur Praxis? Ist Lörzweiler eine wachsende Gemeinde und führt der Verlust einer Praxis dort dazu, dass in den umliegenden Praxen die Wartezeit steigt? Fragen, die das Gericht beschäftigte und mit denen sich nun die KV erneut auseinandersetzen muss. Roßmeier erklärt: „Das Gericht ist der Auffassung, dass es sich um eine Schreibtischentscheidung der KV gehandelt habe, die so nicht haltbar ist.“
Zur Entscheidung des Gerichts wollte die KV gegenüber der AZ gestern übrigens keine Stellungnahme abgeben. Erfreut und überrascht hingegen zeigte sich Ortsbürgermeister Alois Kremer. 529 Unterschriften hatte die Gemeinde im Frühjahr für den Erhalt einer Arztpraxis gesammelt und der KV überreicht. „Daran sieht man, dass die Lörzweiler einen Arzt haben wollen.“ Zwar weiß Kremer auch, dass keiner den Arzt wie das Hemd wechselt und dass Schulz und Litsch nach dem Leerstand erst langsam das Vertrauen der Patienten zurückgewinnen müssen.
Von heute auf morgen wird die Praxis sicher nicht öffnen. Zuerst muss sich die KV noch einmal mit dem Antrag der Mediziner auseinandersetzen. Es ist beispielsweise zu klären, wie häufig die Ärzte vor Ort sein werden. Rechtsanwältin Roßmeier erklärt: „Wir wollen mit der KV zusammenarbeiten, um das Projekt einvernehmlich zu verwirklichen.“ Einige Monate könne das schon dauern, schätzt sie. Ortsbürgermeister Kremer ist sicher: „Die Menschen erwarten die Wiedereröffnung der Praxis sehnlichst.“
Eingestellt von FMP-Recht, Rechtsanwältin Dr. Roßmeier
Erschienen: Allgemeine Zeitung vom 05.08.2011
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