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LAG Hamm: Gleichbehandlung bei Lohnerhöhungen im Zusammenhang mit neugestalteten Arbeitsverträgen
Arbeitsrecht

Urteil vom 27.August 2024, Az - 6 SLa 63/24 -

Leitsatz

Ein Anspruch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz scheidet schon mangels Vergleichbarkeit aus, wenn der Arbeitgeber eine freiwillige Lohnerhöhung als Anreiz denjenigen Arbeitnehmern gewährt, die sich mit einem vereinheitlichten, umfangreich geänderten Arbeitsvertragsmodell einverstanden erklären und der sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufende Arbeitnehmer das neue Arbeitsvertragsmodell als nachteilig ablehnt (abweichend von BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13).

Tenor

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 30.11.2023, Az. 6 Ca 2286/23, wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung des Feststellungsantrags richtet. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 30.11.2023, Az. 6 Ca 2286/23, zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
  3. Hinsichtlich des Zahlungsanspruchs wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten um einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Lohnerhöhung.

Die Klägerin ist seit dem 01.01.2015 bei der Beklagten als Arbeiterin in der Produktion auf der Grundlage des unter dem 19.12.2014 geschlossenen, vierseitigen Arbeitsvertrages beschäftigt. Für die Einzelheiten wird auf den Arbeitsvertrag (Bl. 20ff der erstinstanzlichen Akte, nachfolgend d. A.) Bezug genommen. Ihr monatlicher Grundlohn belief sich bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden zuletzt auf 2.451 Euro, ihr durchschnittlicher Bruttomonatsverdienst auf 2.941,33 Euro.

Die Beklagte beschäftigt über 100 Arbeitnehmer. Diese verfügten über unterschiedliche Arbeitsverträge unterschiedlichen Alters mit unterschiedlichen Regelungen, die zum Teil unwirksam waren (wie beispielsweise im Arbeitsvertrag der Klägerin die Verfallfristenregelung) oder die (wie beispielsweise die Urlaubsregelung, die im Arbeitsvertrag der Klägerin lediglich aus der Festlegung eines kalenderjährlichen Anspruchs von 25 Arbeitstagen und einem Abstimmungserfordernis des Urlaubsantritts mit der Firmenleitung besteht) von der Beklagten nunmehr als unzureichend bewertet wurden. Unter dem 18.02.2022 bot die Beklagte ihren Arbeitnehmern daher neue, mit Ausnahme des Entgelts gleichlautende, neunseitige Arbeitsverträge an, die unter anderem Regelungen zu einem Arbeitszeitkonto und zur Anordnung von Kurzarbeit, die Zahlung eines Zuschlags für ausgezahlte Plus-/Überstunden, die Abbedingung von §§ 616, 629 BGB, Einverständniserklärungen zum Datenschutz, eine umfangreiche Regelung zum Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsanspruch mit einem jährlichen Urlaubsanspruch von 20 gesetzlichen und 10 vertraglichen Tagen, einen Gleichlauf der gesetzlichen Kündigungsfristen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber, an die BAG-Rechtsprechung angepasste Verfallklauseln und einen um 4% höheren Grundlohn vorsahen. Für die Einzelheiten wird vollumfänglich auf den der Klägerin angebotenen Arbeitsvertrag (Bl. 10ff d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin lehnte die Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertrages, wie rund 5 weitere Arbeitnehmer, ab, da dieser sie nach ihrer Auffassung unter anderem angesichts des Arbeitszeitkontos, der Verfallklauseln und der für sie längeren Kündigungsfrist benachteilige. Die Klägerin bezog daher weiterhin ihren monatlichen Grundlohn von 2.451 Euro brutto.

Im Oktober 2022 richtete der Geschäftsführer der Beklagten ein Schreiben an die Arbeitnehmer der Beklagten, auf das für die weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 9 d. A.) und das auszugsweise wie folgt lautet:

"Da der allergrößte Teil der KollegInnen den neuen Arbeitsvertrag bereits unterschreiben haben, wird es hier keine Sonderregelungen geben. Ich kann nur an die Kolleginnen und Kollegen, die noch nicht unterschrieben haben, appellieren, ihre Entscheidungen neu zu überprüfen und ggf. das Gespräch mit mir zu suchen. [...]

Es sollte doch auch jedem klar sein, dass alle zukünftigen Einkommensverbesserungen und vom Gesetzgeber ggf. gewollte arbeitgeberseitigen Sonderleistungen zur Überwindung der Energiekrise immer an den neuen Arbeitsvertrag gekoppelt sein werden. Denn die letzte Gehaltsanpassung und die Urlaubserhöhung waren doch bereits an den neuen Arbeitsvertrag gekoppelt. Warum sollte sich das in der Zukunft ändern?"

Danach unterzeichneten noch ein bis zwei Arbeitnehmer den neuen Vertrag. Letztlich verblieben rund 4 Arbeitnehmer einschließlich der Klägerin, die den neuen Vertrag bislang nicht unterschrieben haben.

Mit Wirkung ab Januar 2023 zahlte die Beklagte den Arbeitnehmern, die die neuen Arbeitsverträge unterzeichnet hatten, darunter auch mehrere Arbeitnehmer, die die gleichen Tätigkeiten wie die Klägerin verrichten, eine weitere Grundlohnerhöhung von 5%. Eine separate Mitteilung der Beklagten hierzu gab es nicht.

Die Klägerin erhielt als Entgeltfortzahlung für Januar 2023 einen Grundlohn in Höhe von 2.451 Euro brutto und für Februar 2023 (anteilig wegen Auslaufens des Sechs-Wochen-Zeitraums) einen Grundlohn von 525,21 Euro brutto. Die Klägerin ist weiterhin arbeitsunfähig erkrankt.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 21.04.2023 forderte die Klägerin die Beklagte vergeblich auf, eine Erklärung dahingehend abzugeben, dass für sie ab Januar 2023 eine Lohnerhöhung in Höhe von 5% vorgenommen wird, und die dementsprechende Differenz für die Monate Januar und Februar 2023 abzurechnen und an sie auszukehren.

Mit ihrer am 04.07.2023 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 08.07.2023 zugestellten Klage hat die Klägerin die Zahlung rückständigen Lohns für Januar 2023 in Höhe von 122,55 Euro brutto (5% von 2.451 Euro brutto) und für Februar 2023 in Höhe von 26,26 Euro brutto (5% von 525,21 Euro brutto), insgesamt 148,81 Euro brutto, sowie die Feststellung begehrt, dass ihr ab Januar 2023 eine Lohnerhöhung in Höhe von 5% auf ihren bisherigen durchschnittlichen Lohn in Höhe von monatlich 2.941,33 Euro zustehe.

Noch im Gütetermin am 14.08.2023 hat die Beklagte der Klägerin die Zahlung der Grundlohnerhöhung ab Januar 2023 bei Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertragsformulars erfolglos angeboten. Hätte die Klägerin den neuen Vertrag unterschrieben, hätte sie unstreitig zum einen rückwirkend die 4%ige Lohnerhöhung und sodann ab Januar 2023 die 5%ige Lohnerhöhung erhalten.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass das Vorenthalten der auf eigene Veranlassung der Beklagten gewährten, nicht in den neuen Verträgen geregelten Grundlohnerhöhung in Höhe von 5% ab Januar 2023 gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz verstoße und eine unzulässige Benachteiligung wegen der Nichtunterzeichnung des neuen Arbeitsvertrages darstelle. Das von der Beklagten zitierte Urteil des BAG vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 675/10 sei nicht einschlägig. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls zulässig; sie habe ein Feststellungsinteresse daran, dass die erfolgte Lohnerhöhung auch für sie gelte. Ein einfacheres und effektiveres Mittel zur Durchsetzung dieses Anspruchs sei nicht gegeben, da eine Leistungsklage für die Monate ab März 2023 aufgrund der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht in Betracht komme.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, dass die Klägerin ab Januar 2023 eine Lohnerhöhung in Höhe von 5% auf ihren bisherigen durchschnittlichen Lohn in Höhe von monatlich 2.941,33 Euro erhält,
  2. die Beklagte zu verurteilen, rückständigen Lohn für die Monate Januar und Februar 2023 in Höhe von 148,81 Euro an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, dass der Feststellungsantrag schon aufgrund des Vorrangs der Leistungsklage Bedenken begegne. Zudem sei die Klage auch unbegründet. Den Arbeitnehmern sei in einer Mitarbeiterversammlung im Zusammenhang mit der Vorstellung der neuen vertraglichen Regelungen im Februar 2022 erklärt worden, dass allen Arbeitnehmern, die die Regelungen des neuen Arbeitsvertrages durch Unterzeichnung akzeptierten, im Januar 2023 eine Gehaltserhöhung in Höhe von 5% bezogen auf den Grundlohn gezahlt werde. Die unterschiedliche Gruppenbehandlung sei gerechtfertigt durch ihr sachgerechtes Interesse als Arbeitgeberin, mit einheitlichen und unter Berücksichtigung gesetzlicher Änderungen und nach Maßgabe der Rechtsprechung aktualisierten Arbeitsverträgen zu arbeiten, die zu keinen unangemessenen Nachteilen für die betroffenen Arbeitnehmer führten und die - unstreitig - allen Arbeitnehmern angeboten worden seien. Die Nichtgewährung der Lohnerhöhung habe ihren Grund nicht in der zulässigen Ablehnung des Neuvertrages, sondern in der Erfüllung einer arbeitgeberseitigen Zusage den Arbeitnehmern gegenüber, die das Vertragsangebot angenommen hätten.

Mit Urteil vom 30.11.2023 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Der mit dem Feststellungsantrag verfolgte Anspruch auf Anpassung des Durchschnittsverdienstes scheitere schon daran, dass die Klägerin selbst davon ausgehe, dass sich die Erhöhung nur auf den Grundlohn beziehe, wie sie dies auch dem Zahlungsantrag zugrunde gelegt habe. Im Übrigen ergebe sich aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kein Lohnerhöhungsanspruch, da die Klägerin aufgrund der unterschiedlichen Vertragswerke nicht mit den Arbeitnehmern, die die Lohnerhöhung erhalten haben, vergleichbar sei. Die Differenzierung der Beklagten zwischen Alt- und Neuverträgen sei nicht sachfremd, da sich die Arbeitnehmergruppen in keiner vergleichbaren Lage befänden und die Arbeitnehmer, denen die Lohnerhöhung gewährt wurde, im Übrigen einen nachteiligeren Arbeitsvertrag akzeptiert hätten. Selbstverständlich stehe es der Klägerin frei, an dem geschlossenen Vertrag festzuhalten. Allerdings könne sie dann auch nicht beanstanden, dass die Beklagte an diesem Vertrag ebenfalls festhalten und ihn nachträglich nicht durch eine Lohnerhöhung zu ihrem Nachteil verändern wolle. Eine Maßregelung komme aufgrund der zulässigen Differenzierung zwischen den Vertragswerken nicht in Betracht. Weitere Anspruchsgrundlagen kämen unstreitig nicht in Betracht. Darauf, ob die Lohnerhöhung ab Januar 2023 schon im Februar 2022 zugesagt worden sei, komme es nicht maßgebend an, wobei der Vortrag der Beklagten hierzu insbesondere angesichts der Regelung zum Fehlen von mündlichen Nebenabreden in den Neuverträgen und des Rundschreibens aus Oktober 2022 äußerst unwahrscheinlich erscheine.

Gegen das am 22.12.2023 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.01.2024 eingelegte und zugleich begründete Berufung der Klägerin, die sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Sachvortrags erster Instanz ergänzend wie folgt begründet:

Das Arbeitsgericht habe verkannt, dass die Lohnerhöhung in Höhe von 5% ab Januar 2023 nicht auf dem neuen Arbeitsvertrag, der nur die 4%ige Lohnerhöhung vorgesehen habe, beruhe, sondern einfach den Arbeitnehmern gewährt worden sei, die die neuen Verträge unterzeichnet hatten. Es liege keine zulässige Differenzierung, sondern eine unzulässige Maßregelung vor. Das Arbeitsgericht habe hinsichtlich der Behauptung der Beklagten, dass die Lohnerhöhung ab Januar 2023 schon im Februar 2022 zugesagt worden sei, auch nur mit Wahrscheinlichkeiten gearbeitet, statt dies bei den Parteien zu erforschen. Ob es sich bei der Lohnerhöhung ab Januar 2023 um eine betriebliche Übung handele, sei nicht ausgeschlossen und vom Gericht zu klären.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund zum Aktenzeichen 6 Ca 2286/23 vom 30.11.2023 abzuändern und

  1. festzustellen, dass die Klägerin ab Januar 2023 eine Lohnerhöhung in Höhe von 5 % auf ihren bisherigen durchschnittlichen Lohn in Höhe von monatlich 2.941,33 Euro brutto erhält und
  2. die Beklagte zu verurteilen, rückständigen Lohn für die Monate Januar und Februar 2023 in Höhe von 148,81 Euro brutto an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie rügt die Zulässigkeit der Berufung, da sich die Berufungsbegründung mit dem selbstständigen, tragenden Grund für die Abweisung der Klage, wonach kein Anspruch auf eine Durchschnittslohnerhöhung bestehe, nicht befasse.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das arbeitsgerichtliche Urteil in der Sache und führt ergänzend an, dass in dem neuen Arbeitsvertrag eine Vergütungserhöhung um 5% bezogen auf den Grundlohn enthalten gewesen sei. Da im Oktober 2022 noch immer, wenn auch wenige, Arbeitnehmer den neuen Vertrag - unstreitig - nicht unterschrieben hatten, habe sie im Oktober 2022 unstreitig darauf hingewiesen, dass es künftige Einkommensverbesserungen nur noch für solche Arbeitnehmer gebe, die die neuen Verträge unterzeichnet hätten. Diese Ankündigung habe sie dann mit der streitgegenständlichen Grundlohnerhöhung ab Januar 2023 umgesetzt. Es stelle einen legitimen Zweck dar, wenn ein Arbeitgeber die von ihm über viele Jahre hinweg inhaltlich unterschiedlich vereinbarten Arbeitsverträge, zur Vereinheitlichung neu fasse und Regelungen vereinbare, die zum einen wirksam seien, und zum anderen die Schwachstellen beseitigten, die in der Vergangenheit den arbeitgeberseitigen Interessen zuwidergelaufen seien. Es sei auch rechtlich nicht zu beanstanden, wenn dieser Arbeitgeber einen Anreiz für das Unterschreiben der neuen Arbeitsverträge, die von dem einen oder anderen Arbeitnehmer als nachteilig empfunden würden, schaffe. Leider berücksichtige die Klägerin die Vorteile der vertraglichen Neuregelung, etwa 5 weitere Urlaubstage, Entgelterhöhungen und die Vorteile der möglichen Freizeitgestaltung durch die Einführung eines Arbeitszeitkontos nicht. Da zum Zeitpunkt der Gewährung der zusätzlichen Entgelterhöhung ab Januar 2023 unstreitig noch nicht alle Arbeitnehmer den neuen Arbeitsvertrag unterschrieben hatten, sei es ihr Bemühen gewesen, einen weiteren Anreiz zur Unterzeichnung zu schaffen.

Der Anspruch ergebe sich auch nicht aus betrieblicher Übung. Eine solche scheide schon aufgrund der Einmaligkeit der gewährten Entgelterhöhung aus. Zudem habe sie die Entgelterhöhung gruppenbezogen gewährt und gehöre die Klägerin dieser Gruppe nicht an.

Wegen des weiteren Sach- und Rechtsvortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die von den Parteien zu Protokoll abgegebenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Feststellungsantrags unzulässig und im Übrigen unbegründet.

  1. Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Feststellungsantrags unzulässig.
  2. Zwar ist die Berufung nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes statthaft, § 64 Absatz 2 lit. b) ArbGG. Sie wurde auch nach den §§ 519 ZPO, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG, 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG am 22.01.2024 gegen das am 22.12.2023 zugestellte Urteil vom 30.11.2023 innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt.
  3. Die Klägerin hat die Berufung hinsichtlich des abgewiesenen Feststellungsantrags aber nicht in zulässiger Weise begründet, so dass sie insoweit als unzulässig zu verwerfen ist.

Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Absatz 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO i. V. m. § 64 Absatz 6 ArbGG die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Die Berufungsbegründung muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein und sich mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn sie diese bekämpfen will. Bei mehreren Streitgegenständen oder einem teilbaren Streitgegenstand muss sich die Berufungsbegründung grundsätzlich auf alle Teile des Urteils erstrecken, hinsichtlich derer eine Abänderung beantragt ist; andernfalls ist das Rechtsmittel für den nicht begründeten Teil unzulässig. Liegt dem Rechtsstreit dagegen ein einheitlicher Streitgegenstand zugrunde, muss der Berufungskläger nicht zu allen für ihn nachteilig beurteilten Streitpunkten in der Berufungsbegründung Stellung nehmen, wenn schon der allein vorgebrachte - unterstellt erfolgreiche - Berufungsangriff gegen einen Punkt geeignet ist, der Begründung des angefochtenen Urteils insgesamt die Tragfähigkeit zu nehmen. Anders liegt es dann, wenn das Gericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen stützt. In diesem Fall muss der Berufungskläger in der Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie nach seiner Auffassung die angegriffene Entscheidung nicht tragen (BGH, Beschluss vom 03.06.2024, Az. VI ZB 44/22, NJW-RR 2024, 995 m. w. N.).

Die Klägerin hat mit dem Feststellungsantrag die Feststellung begehrt, dass ihr ab Januar 2023 eine Lohnerhöhung in Höhe von 5% auf ihren bisherigen durchschnittlichen Lohn in Höhe von monatlich 2.941,33 Euro brutto zustehe. Dies stellt einen anderen Streitgegenstand dar als der Zahlungsantrag, der die Grundlohnerhöhung betrifft. Den Feststellungsantrag hat das Arbeitsgericht schon deshalb abgewiesen, weil die Klägerin selbst davon ausgehe, dass sich die den anderen Arbeitnehmern gewährte Erhöhung auf den Grundlohn, nicht auf den Durchschnittslohn beziehe. Dementsprechend habe die Klägerin ihre Zahlungsanträge auch auf Basis des Grundlohns berechnet. Diese (zutreffende) Argumentation des Arbeitsgerichts hat die Klägerin mit ihrer Berufungsbegründung nicht angegriffen. Es finden sich hierzu keinerlei Ausführungen. Die Berufung ist daher hinsichtlich dieses Streitgegenstands mangels unzureichender Begründung unzulässig.

  1. Die Berufung der Klägerin ist hinsichtlich des Zahlungsantrags zulässig, aber begründet.
  2. Die Berufung ist hinsichtlich des Zahlungsantrags zulässig. Sie ist gemäß § 64 Absatz 2 lit. b) ArbGG nach dem Wert des gesamten Beschwerdegegenstandes (Feststellungs- und Zahlungsantrag) statthaft, wurde nach den §§ 519 ZPO, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG, 66 Absatz 1 Satz 1 ArbGG am 22.01.2024 gegen das am 22.12.2023 zugestellte Urteil vom 30.11.2023 innerhalb der Monatsfrist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Frist gemäß § 66 Absatz 1 Satz 1, Satz 5 ArbGG ordnungsgemäß im Sinne der §§ 520 Absatz 3, 64 Absatz 6 Satz 1 ArbGG am 22.01.2024 begründet. Die Klägerin moniert insbesondere, dass erstinstanzlich verkannt worden sei, dass die Grundlohnerhöhung gerade nicht auf den neuen Verträgen beruhe und die Nichtgewährung an die Arbeitnehmer, die - wie sie - die neuen Verträge nicht unterzeichneten, eine unzulässige Differenzierung und Maßregelung darstelle. Zudem führt die Klägerin in der Berufungsbegründung an, dass ein Anspruch aus betrieblicher Übung zu prüfen sei. Dies genügt den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Berufungsbegründung. Zum einen führt das Festhalten an einer im Urteil erster Instanz zurückgewiesenen Rechtsansicht auch dann nicht zur Unzulässigkeit der Berufung, wenn in der Berufungsbegründung lediglich bereits in erster Instanz vorgetragene rechtliche Argumente wiederholt werden (BGH, Beschluss vom 07.06.2018, Az. I ZB 57/17, NJW 2018, 2894). Zum anderen ist - mit Blick auf den Anspruch aus betrieblicher Übung - eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung nicht erforderlich (BAG, Urteil vom 26.04.2017, Az. 10 AZR 275/16, BeckRS 2017, 113040, m. w. N.).
  3. Die Berufung ist hinsichtlich des Zahlungsantrags unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die auf Gewährung einer Grundlohnerhöhung in Höhe von 5% für Januar und Februar 2023 gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

Der zulässige Zahlungsantrag ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Lohnerhöhung für Januar und Februar 2023 in Höhe von 5% des Grundlohns, insgesamt - rechnerisch unstreitig - 148,81 Euro brutto.

  1. a) Der Anspruch ergibt sich nicht aus dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz.
  2. aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regel gleichzubehandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz eine sachfremde Gruppenbildung und die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe. In jedem Fall setzt die Anwendung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Bildung einer Gruppe begünstigter Arbeitnehmer sowie eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2007, Az. 5 AZR 420/06, BAGE 122, 1-11; LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747). Im Bereich der Arbeitsvergütung ist der Gleichbehandlungsgrundsatz trotz des Vorrangs der Vertragsfreiheit anwendbar, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, indem der Arbeitgeber bestimmte Voraussetzungen oder Zwecke festlegt (BAG, Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 675/10, juris, Rn. 15, m. w. N.; BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222). Dabei ist nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (vgl. BAG, 14.03.2007, Az. 5 AZR 420/06, BAGE 122, 1-11; LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747).

Die Darlegungs- und Beweislast liegt grundsätzlich beim Arbeitnehmer. Nach den allgemeinen Regeln der Normenbegünstigung hat er die Voraussetzungen des Anspruchs auf Gleichbehandlung darzulegen und daher grundsätzlich vergleichbare Arbeitnehmer zu nennen, die ihm gegenüber vorteilhaft behandelt wurden. Ist dies erfolgt, muss sodann der Arbeitgeber darlegen, wie er den begünstigten Personenkreis abgegrenzt hat und warum der klagende Arbeitnehmer nicht dazugehört (BAG, Urteil vom 22.01.2009, Az. 8 AZR 808/07, juris, Rn. 37, m. w. N.).

Liegt eine Gruppenbildung vor, müssen die Differenzierungsgründe, d. h. die Gründe für die Ungleichbehandlung auf vernünftigen, einleuchtenden Erwägungen beruhen und dürfen nicht gegen verfassungsrechtliche oder sonstige übergeordnete Wertentscheidungen verstoßen (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2007, Az. 5 AZR 420/06, BAGE 122, 1-11; LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747). Ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung ist beispielsweise der Ausgleich unterschiedlicher Arbeitsbedingungen zwischen verschiedenen Gruppen von Arbeitnehmern, solange ein solcher Ausgleich herbeigeführt wird und keine Überkompensation eintritt (BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222). Der Arbeitgeber hat die Gründe für die Differenzierung offen zu legen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 14.03.2007, Az. 5 AZR 420/06, BAGE 122, 1-11; LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747). Der Gleichbehandlungsgrundsatz beschränkt die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers. Wird er verletzt, muss der Arbeitgeber die von ihm gesetzte Regel entsprechend korrigieren. Der benachteiligte Arbeitnehmer hat Anspruch auf die vorenthaltene Leistung (BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222, m. w. N.).

  1. bb) Nach diesen Grundsätzen liegt keine unzulässige Ungleichbehandlung der Klägerin vor.

(1) Zwar ist der Klägerin zuzugeben, dass die Beklagte freiwillig, also ohne hierzu - insbesondere arbeitsvertraglich - rechtlich dazu verpflichtet gewesen zu sein, die Grundlöhne kollektiv nach einem generalisierenden Prinzip ab Januar 2023 um 5% angehoben hat. Anders als die erste Lohnerhöhung um 4%, die in dem neuen Arbeitsvertrag geregelt ist, ergibt sich die ab Januar 2023 gewährte Lohnerhöhung nicht unmittelbar aus dem neuen Vertrag. Dass den Arbeitnehmern bereits im Februar 2022 die weitere Lohnerhöhung um 5% ab Januar 2023 verbindlich zugesagt worden wäre, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Vielmehr heißt es in dem neuen Arbeitsvertrag explizit, dass mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien. Auch wurde den Arbeitnehmern mit neuem Arbeitsvertrag mit dem Schreiben der Beklagten aus Oktober 2022 noch keine konkrete Lohnerhöhung in einer konkreten Höhe zu einem bestimmten Zeitpunkt zugesagt. Diese erfolgte vielmehr freiwillig ab Januar 2023 in Höhe von 5% des Grundlohns ohne gesonderte Vereinbarung. Für diese Lohnerhöhung hat die Beklagte die Unterzeichnung des neuen Arbeitsvertrags zur Voraussetzung gemacht. Mit der Anknüpfung an die zunächst durch die Reaktion der Arbeitnehmer auf das Angebot zum Abschluss des neuen Arbeitsvertrags erfolgte Teilung der Belegschaft in Arbeitnehmer mit neuem Arbeitsvertrag und solche mit altem Arbeitsvertrag hat die Beklagte eine Gruppenbildung vorgenommen (vgl. BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222, m. w. N.). Die Beklagte ist mit der Lohnerhöhung ab Januar 2023 - anders als in dem vom BAG mit Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 675/10, juris entschiedenen Fall - keiner normativen oder vertraglichen Verpflichtung nachgekommen.

(2) Allerdings befinden sich die Klägerin mit ihrem alten Arbeitsvertrag und die Arbeitnehmer mit neuem Arbeitsvertrag nicht in einer vergleichbaren Lage.

Für die Annahme einer vergleichbaren Lage ist nicht in jedem Falle bereits das gemeinsame Band eines Arbeitsverhältnisses zum selben Arbeitgeber ausreichend. Es ist zwar andererseits nicht erforderlich, dass die Arbeitsbedingungen des sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufenden Arbeitnehmers mit denjenigen der Begünstigten in Gänze identisch sind (vgl. BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222). Vorliegend sind die Arbeitsbedingungen der Klägerin und der Arbeitnehmer mit neuem Arbeitsvertrag indes vollkommen unterschiedlich. So sieht der neue Arbeitsvertrag insbesondere eine andere Versetzungsklausel, die Möglichkeit zur Anordnung von Kurzarbeit, die Einführung eines Arbeitszeitkontos, eine geänderte Regelung zur Sondervergütung/Sonderzuwendung, eine Bearbeitungsgebühr für Pfändungen, unterschiedliche Regelungen für gesetzlichen und vertraglichen Urlaub sowie Regelungen zu Betriebsferien, die Abbedingungen der §§ 616, 629 BGB, geänderte Regelungen zur Verschwiegenheitspflicht und Nebenbeschäftigung, geänderte Kündigungsfristen für die arbeitnehmerseitige Kündigung sowie an die aktuelle Rechtsprechung des BAG angepasste Verfallfristen vor.

Allein der Umstand, dass die Klägerin dieselbe Tätigkeit wie andere Arbeitnehmer mit neuem Arbeitsvertrag, verrichtet, begründet angesichts dieser zahlreichen Unterschiede, keine Vergleichbarkeit.

Die Klägerin, die für die Annahme einer Vergleichbarkeit die Darlegungslast trägt, macht insofern selbst geltend, dass die neuen Arbeitsbedingungen für sie nachteilig seien und damit nicht vergleichbar seien.

Angesichts dieser Umstände kann nicht davon gesprochen werden, dass sich die Klägerin hinsichtlich der Lohnerhöhung ab Januar 2023 in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befindet (vgl. zur Frage des Vergleichsmaßstabs insoweit abweichend BAG, Urteil vom 03.09.2014, Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222, wonach es bei verschiedenen Arbeitsvertragsmodellen allein darauf ankomme, ob sich der auf Gleichbehandlung berufende Arbeitnehmer hinsichtlich der vom Arbeitgeber verteilten Leistung in vergleichbarer Lage zu den begünstigten Arbeitnehmern befinde und die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen dann erst für das Vorliegen eines sachlichen Differenzierungsgrundes von Belang seien).

  1. b) Die Beklagte hat unabhängig davon, ob es sich überhaupt um eine eigene Anspruchsgrundlage handelt (vgl. BAG, Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 675/10, juris), mit der Lohnerhöhung nicht das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verletzt.
  2. aa) Gemäß § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt.

Damit verbietet § 612a BGB jede Benachteiligung des Arbeitnehmers. Ein Verstoß gegen § 612a BGB liegt deshalb nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer eine Einbuße erleidet, d.h. wenn sich seine Situation gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert, sondern auch dann, wenn ihm Vorteile vorenthalten werden, welche der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, wenn diese entsprechende Rechte nicht ausgeübt haben (BAG, Urteil vom 14.12.2011, Az. 5 AZR 675/10, juris). Dies gilt auch im Bereich freiwilliger Leistungen. Bei einer Verletzung des Maßregelungsverbots ist der benachteiligte Arbeitnehmer so zu stellen, als wäre die verbotene Maßregelung nicht erfolgt (BAG, Urteil vom 12.06.2002, Az. 10 AZR 340/01, AP BGB § 612a Nr. 8, m. w. N.). § 612a BGB ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund sein, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG, Urteil vom 14.03.2007, Az. 5 AZR 420/06, BAGE 122, 1-11; LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747; LAG Hamm, Urteil vom 09.08.2007, Az. 8 Sa 190/07, juris).

  1. bb) Danach liegt keine unzulässige Maßregelung der Klägerin vor.

Nicht die zulässige Ablehnung des neuen Arbeitsvertrages durch die Klägerin, sondern die Geltung verschiedener Arbeitsvertragsmodelle stellte für die Beklagte den tragenden Beweggrund dar, die Klägerin von der Lohnerhöhung ab Januar 2023 auszunehmen. Die Beklagte bezweckte mit der Lohnerhöhung ab Januar 2023, dass zur Vereinheitlichung der Arbeitsbedingungen möglichst alle Arbeitnehmer den neuen Arbeitsvertrag unterschreiben würden, und wollte den Arbeitnehmern einen zusätzlichen Anreiz geben, den neuen Vertrag mit vielfältigen, teils nicht im arbeitnehmerseitigen Interesse liegenden Änderungen zu unterschreiben. Der Klägerin wurde von der Beklagten noch im Gütetermin im August 2023 angeboten, dass ihr die Lohnerhöhung rückwirkend gewährt werde, wenn sie den neuen Vertrag noch unterschreibe. Es steht der Klägerin frei, dies - wie geschehen - abzulehnen. Sie kann sich dann allerdings auch nicht mit Erfolg auf die Vorteile berufen, die mit dem Abschluss des neuen Vertrags verbunden sind. Das Angebot der Beklagten gegenüber der Klägerin bestand sowohl aus dem neuen Arbeitsvertrag als auch aus der Lohnerhöhung ab Januar 2023. Die Nichtgewährung der Lohnerhöhung ab Januar 2023 ist - ebenso wie die von der Klägerin nicht monierte Nichtgewährung der 4%igen Lohnerhöhung - bloße Folge der Entscheidung der Klägerin, das Angebot insgesamt nicht anzunehmen (vgl. LAG Hamm, Urteil vom 26.08.2008, Az. 14 Sa 1763/07, BeckRS 2009, 52747). Eine Maßregelung der Klägerin war damit nicht bezweckt.

  1. c) Letztlich ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auch nicht aus betrieblicher Übung.
  2. aa) Unter betrieblicher Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers zu verstehen, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt. Dem Verhalten des Arbeitgebers wird eine konkludente Willenserklärung entnommen, die vom Arbeitnehmer gemäß § 151 BGB angenommen werden kann. Dadurch wird ein vertragliches Schuldverhältnis geschaffen, aus dem bei Eintritt der vereinbarten Anspruchsvoraussetzungen ein einklagbarer Anspruch auf die üblich gewordene Vergünstigung erwächst (vgl. BAG, Urteil vom 15.05.2012, Az. 3 AZR 610/11, BAGE 141, 222-258).
  3. bb) Die Klägerin hat die Voraussetzungen schon nicht hinreichend dargelegt. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist es angesichts des geltenden Beibringungsgrundsatzes nicht Aufgabe des Gerichts, den diesbezüglichen Sachverhalt zu erforschen. Vielmehr hätte es der Klägerin nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast oblegen, die Umstände im Einzelnen unter Beweisantritt darzulegen, aus denen sich ein Anspruch aus betrieblicher Übung ergeben soll. Dies ist nicht geschehen. Weder ist ein gleichförmiges, wiederholtes Verhalten der Beklagten erkennbar. Noch konnte die Klägerin aus der ausschließlich den Arbeitnehmern mit neuen Verträgen gewährten Lohnerhöhung von 5% ab Januar 2023 schließen, ihr solle ebenfalls eine solche Lohnerhöhung gewährt werden, zumal die Beklagte mit Schreiben aus Oktober 2022 ausdrücklich klargestellt hatte, dass künftige Lohnerhöhungen nur Arbeitnehmern gewährt würden, die den neuen Vertrag unterzeichnen.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Absatz 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens als mit ihrem Rechtsmittel unterlegene Partei zu tragen.

  1. Die Revision ist hinsichtlich des Zahlungsantrags nach § 72 Absatz 2 Nr. 2 ArbGG zuzulassen. Die diesbezügliche Entscheidung weicht von der Entscheidung des BAG vom 03.09.2014, Az. Az. 5 AZR 6/13, NZA 2015, 222 hinsichtlich der Frage des Vergleichsmaßstabs ab und beruht darauf. Würde man vorliegend die Vergleichbarkeit nur auf die zu verteilende Leistung, d. h. die Lohnerhöhung ab Januar 2023, beziehen, wäre von einer Vergleichbarkeit der Klägerin mit den begünstigten Arbeitnehmern auszugehen und der Anwendungsbereich des Gleichbehandlungsgrundsatzes wäre eröffnet. Zudem wäre dann nach Maßgabe der vorgenannten Entscheidung eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung zu verneinen, da der Vergleich des Arbeitsentgelts eine Überkompensation ergeben würde.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Absatz 2 ArbGG hinsichtlich des Feststellungsantrags sind hingegen nicht gegeben. Keine der insoweit entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung i. S. d. § 72 Absatz 2 Nr. 1 ArbGG. Ferner lagen insoweit keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Absatz 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.

 

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