Der Gläubiger eines Anspruchs aus § 280 I BGB trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Pflichtverletzung. Dies gilt für den Arbeitgeber im Schadensersatzprozeß auch für die Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Die sekundäre Darlegungslast der nicht darlegungsbelasteten Partei kommt dann in Betracht, wenn es dieser zuzumuten ist, ihrem Prozessgegner die Darlegung durch Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil sie, anders als der Darlegungsbelastete, die wesentlichen Tatsachen kennt:
Der Arbeitgeber behauptete, der Arbeitnehmer habe unerlaubt Kundenmitarbeitern Vorteile zugewendet, wobei der Arbeitnehmer im Prozeß sich einläßt wie folgt:
Er habe nicht gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen. Die Zuwendungen an die Mitarbeiter seien mit Wissen und Wollen des Arbeitgebers erfolgt. Seit dem Jahre 2005 habe er auf Anweisung des Leiters seines Geschäftsbereichs die bereits vorher geübte Praxis der „Auftragsunterstützung“ übernommen und fortgeführt. Er habe das Geld aus der Kasse entnehmen und dazu Eigenbelege erstellen sollen, wobei die Beträge in einzelne Belege aufgesplittet und einzelnen Namen hätten zugeordnet werden sollen.
Der Geschäftsbereichsleiter habe ausdrücklich erklärt, er „wisse Bescheid“, er könne das Geld verwenden. Das Geld sei dafür bestimmt gewesen, Mitarbeitern des Kunden, welche für die Vergabe von Aufträgen und deren Abnahme zuständig seien, kleinere
Aufmerksamkeiten zukommen zu lassen. Er habe Geschenke verteilt, Beiträge für Jubiläen, Kaffekassen, Verabschiedungen von Kollegen geleistet, Eintrittskarten für Fußballspiele und Tennisturniere vergeben, Alkoholika verteilt und eine Geburtstagskasse aufgefüllt. In einzelnen Fällen sei auch Geld gezahlt worden, allerdings nicht zur persönlichen Verwendung an einzelne Mitarbeiter, sondern als Spende, etwa an Gemeinschaftskassen. Die Richtlinien zu Zuwendungen seien ihm nicht bekannt gewesen. Eine Bestechung im geschäftlichen Verkehr liege nicht vor, weil die Gewährung von kleinen Vorteilen nicht strafbar und sozialadäquat sei. Da die Beklagte auf die Benennung der Empfänger verzichtet habe, sei es ihm nicht anzulasten, wenn er sich nicht mehr im Einzelnen erinnern könne, an wen welche Geschenke erfolgt seien. Er habe nichts für sich verwendet.
Gründe/auszugsweise: Ein solcher Anspruch folgt nicht als Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB. Die Beklagte hat weder im Einzelnen dargelegt noch gar bewiesen, dass der Kläger die aus der Kasse erhaltenen Beträge oder doch einen Teil davon für sich selbst vereinnahmt oder nicht bestimmungsgemäß verwendet hat.
Die Beklagte als Gläubigerin des Anspruchs aus § 280 Abs. 1 BGB trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Kläger das Geld aus den Barentnahmen nicht pflichtgemäß verwendet und damit seine Pflicht aus § 241 Abs. 2 BGB verletzt hat.
Dies gilt für sie als Arbeitgeberin auch für die weitere Voraussetzung, dass der Kläger als Arbeitnehmer die Pflichtverletzung zu vertreten hat.
Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Kläger das Geld aus den Barentnahmen pflichtwidrig verwendet und es für sich behalten oder in unzulässiger Weise Kundenmitarbeitern zugewendet hätte. Der Kläger hat zwar eingeräumt, die entnommenen Gelder für Zahlungen oder Geschenke verwendet zu haben, hat aber nicht etwa eingeräumt, dies pflichtwidrig getan zu haben.
Obwohl der Kläger seinerseits die pflichtgemäße Verwendung der Gelder ebenso wenig im Einzelnen dargelegt hat, ist ihre pflichtwidrige Verwendung nicht als zugestanden i. S. v. § 138 Abs. 3 ZPO anzusehen. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass den Kläger keine (sekundäre) Darlegungslast mit Blick auf den Verbleib des Geldes trifft.
Eine sekundäre Darlegungslast der nicht darlegungsbelasteten Partei kommt dann in Betracht, wenn es dieser zuzumuten ist, ihrem Prozessgegner die Darlegung durch nähere Angaben über die zu ihrem Wahrnehmungsbereich gehörenden Verhältnisse zu ermöglichen, weil sie, anders als der außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs stehende Darlegungsbelastete, die wesentlichen Tatsachen kennt.
Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei nicht zu einer näheren Darlegung des Verbleibs der Gelder verpflichtet, ist rechtlich unbedenklich.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts nicht widerlegt, dass die Beklagte den Kläger davon befreit habe, die Verwendung der Beträge im Einzelnen nachweisen zu müssen. Unter diesen Umständen kann eine solche Darlegung vom Kläger auch prozessual nicht verlangt werden.
Zur Annahme einer Pflichtverletzung reicht es nicht aus, dass der Kläger überhaupt Bargeld zur Zuwendung an Kundenmitarbeiter gegen Eigenbelege entnommen hat. Die Beklagte behauptet nicht, dass dies schlechthin pflichtwidrig gewesen sei. Soweit sie geltend macht, der Kläger sei gehalten gewesen, zutreffende Angaben zu Empfängern und Grund der Zuwendungen zu machen, ist diese Vorgabe nach der Würdigung des Landesarbeitsgerichts gerade nicht erwiesen.
Ein Schadensersatzanspruch folgt nicht aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 246, 266 oder 299 Abs. 2 StGB bzw. aus § 826 BGB. Die Beklagte hat auch insoweit die Voraussetzungen nicht dargelegt. Eine sekundäre Darlegungslast hinsichtlich eines pflichtgemäßen Verhaltens trifft den Kläger aus den dargestellten Gründen auch in diesem Rahmen nicht.
Ein Bereicherungsanspruch aus §§ 812 ff. BGB ist nicht gegeben. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass der Kläger die erhaltenen Gelder für sich behalten hat. Auch insoweit trifft diesen keine sekundäre Darlegungslast. Soweit er die entnommenen Gelder nach seinem eigenen Vorbringen Kundenmitarbeitern zugewendet hat, hat er die Leistungen für die Beklagte erbracht.
Einen Bereicherungsanspruch könnte die Beklagte daher allenfalls gegen die Leistungsempfänger geltend machen.
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