KSchG § 15 I 1 Alt. 1;
BGB §§ 134, 626;
BetrVG §§ 25 I 2, 102 I, 103 I u. II;
ArbGG § 83 III;
ZPO § 322 I
- Soll das Arbeitsverhältnis des einzigen Betriebsratsmitglieds gekündigt werden und fehlt ein gewähltes Ersatzmitglied, hat der Arbeitgeber analog § 103 II BetrVG unmittelbar ein auf Ersetzung der Zustimmung gerichtetes Beschlussverfahren einzuleiten. Ein beteiligungsfähiger Betriebsrat existiert in diesem Fall nicht. Das – einzige – Betriebsratsmitglied kann wegen rechtlicher Verhinderung im Sinne von § 25 I 2 BetrVG aufgrund seiner Selbstbetroffenheit nicht beteiligt werden.
- Infolge der spezifischen Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren nach § 103 II BetrVG kann sich der im Beschlussverfahren beteiligte Arbeitnehmer im nachfolgenden, die außerordentliche Kündigung betreffenden Verfahren in Bezug auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne von § 626 BGB nur auf solche Tatsachen berufen, die er im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geltend gemacht hat und auch nicht hätte geltend machen können.
- Aufgrund der spezifischen Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung im Verfahren nach § 103 II BetrVG steht bei einem rechtskräftigen Obsiegen des antragstellenden Arbeitgebers für den nachfolgenden Kündigungsschutzprozess fest, dass der Arbeitgeber das Zustimmungsersetzungsverfahren innerhalb der Frist des § 626 II BGB eingeleitet hat. Dagegen kann der Arbeitnehmer den Einwand, der Arbeitgeber habe die Kündigung anschließend nicht unverzüglich nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Zustimmungsersetzungsbeschlusses erklärt, notwendigerweise erst im Kündigungsrechtsstreit geltend machen. (Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)
BAG, Urteil vom 25.4.2018 – 2 AZR 401/17
Zum Sachverhalt
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Die Bekl. vertreibt Ausrüstung für Jäger und Sportschützen. Der Kl. war bei ihr seit November 2003 als Fachverkäufer für Waffen und Munition einschließlich Zubehör beschäftigt. Er war eingesetzt in der Filiale in D., bestehend aus deren Leiter und sieben Beschäftigten. Der Kl. bekleidete dort das Amt des einköpfigen Betriebsrats. Es gab keine Ersatzmitglieder.
Auf einen am 13.2.2015 eingegangenen Antrag der Bekl. ersetzte das ArbG Dortmund mit Beschluss vom 2.6.2015 (2 BV 13/15) die Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien. Das LAG Hamm wies die dagegen gerichtete Beschwerde des Kl. mit Beschluss vom 14.3.2016 (13 TaBV 58/15) zurück. Zur Begründung verwies es darauf, ein wichtiger Grund iSd § 626 I BGB sei gegeben, da der Kl. wiederholt unzulässige Konkurrenztätigkeit entfaltet habe. Die Frist des § 626 II BGB sei gewahrt. Die Bekl. habe innerhalb von zwei Wochen, nachdem sie Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen erlangt habe, das Verfahren entsprechend § 103 II BetrVG eingeleitet. Mit Beschluss vom 2.6.2016 verwarf
BAG: Außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds (NJW 2018, 2659)
der Senat die gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des LAG gerichtete Beschwerde des Kl. als unzulässig. Der Senatsbeschluss wurde der Bekl. am 16.6.2016 zugestellt. Mit Schreiben vom selben Tag, das dem Kl. noch an diesem Tag zuging, kündigte die Bekl. das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos.
Gegen die Kündigung hat sich der Kl. mit der vorliegenden Klage gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Bindungswirkung des vorangegangenen Beschlussverfahrens erstrecke sich nicht darauf, dass die Bekl. die Frist des § 626 II BGB gewahrt habe. Die Bekl. habe spätestens am 22.1.2015 volle Kenntnis von den kündigungsrelevanten Tatsachen gehabt. In dem Zustimmungsersetzungsverfahren sei er nicht ordnungsgemäß beteiligt worden. Vor Einleitung des Verfahrens habe der Betriebsrat angehört werden müssen.
Die Vorinstanzen (ArbG Dortmund, Urt. v. 6.12.2016 – 5 Ca 2477/16, BeckRS 2016, 126764 und LAG Hamm, NZA-RR 2017, 645) haben die Klage, entsprechend dem Antrag der Bekl., abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgte der Kl. sein Klagebegehren weiter, allerdings ohne Erfolg.
Aus den Gründen
Die Revision ist unbegründet. Das LAG hat die außerordentliche Kündigung der Bekl. vom 16.6.2016 zu Recht als wirksam erachtet. Der nur hilfsweise für den Fall des Obsiegens mit dem Kündigungsschutzantrag gestellte Antrag auf Weiterbeschäftigung fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an.
- Die Kündigung vom 16.6.2016 ist nicht gem. § 134 BGB nichtig. Die nach § 15 I 1 Alt. 1 KSchG iVm § 103 I BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats war durch den Beschluss des LAG vom 14.3.2016 (13 TaBV 58/15), der mit Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschlusses des Senats rechtskräftig geworden war, iSd § 103 II BetrVG ersetzt.
Es kann dahinstehen, ob im Kündigungsschutzprozess, nach rechtskräftiger Ersetzung der Zustimmung, noch mit Erfolg geltend gemacht werden könnte, der Betriebsrat sei vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens nicht ordnungsgemäß nach §§ 103 I, 102 I BetrVG um seine Zustimmung ersucht worden. Im Streitfall bedurfte es eines solchen Ersuchens nicht. Soll – wie hier – das Arbeitsverhältnis des einzigen Betriebsratsmitglieds gekündigt werden und fehlt ein gewähltes Ersatzmitglied, hat der Arbeitgeber analog § 103 II BetrVG unmittelbar im Beschlussverfahren die Zustimmungsersetzung einzuholen (BAG, Urt. v. 14.9.1994 – 2 AZR 75/94, BeckRS 1994, 30750915 [zu III 3 a]; BAGE 41, 180 = AP KSchG 1969 § 15 Nr. 13 = BeckRS 9998, 152996 [zu II 3]). Ein beteiligungsfähiger Betriebsrat existiert in diesem Fall nicht (BAG, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 13 = BeckRS 9998, 152996 [zu II 3 a]). Das betroffene – einzige – Betriebsratsmitglied kann wegen rechtlicher Verhinderung iSv § 25 I 2 BetrVG aufgrund seiner Selbstbetroffenheit (vgl. dazu BAG, AP BetrVG 1972 § 33 Nr. 2 = NZA-RR 2014, 196 Rn. 29; BAGE 145, 55 = AP BetrVG 1972 § 25 Nr. 11 = NZA 2013, 857 Rn. 15) nicht beteiligt werden. - Für die außerordentliche Kündigung vom 16.6.2016 bestand ein wichtiger Grund iSd § 626 I BGB. Dies steht aufgrund der Bindungswirkung des rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens (13 TaBV 58/15) auch für das vorliegende Kündigungsschutzverfahren fest (vgl. BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 41 ff. und 48= NJW 2018, 2661 Ls. [unter Nr. 16 in diesem Heft]).
- Infolge der spezifischen Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren kann sich der in diesem nach § 83 III ArbGG beteiligte Arbeitnehmer im späteren, die außerordentliche Kündigung betreffenden Kündigungsschutzverfahren bezüglich des Vorliegens eines wichtigen Grundes iSv § 626 BGB nur auf solche Tatsachen berufen, die er im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geltend gemacht hat und auch nicht hätte geltend machen können (BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 42 = NJW 2018, 2661 Ls.; BAGE 102, 190 = NJW 2003, 1204 [zu II 1 a]). Dies folgt zwar nicht allein aus der Rechtskraftwirkung des Beschlusses gem. § 322 I ZPO. Der Umstand, dass ein wichtiger Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung besteht, nimmt als bloßes Begründungselement für den Entscheidungsausspruch, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen, nicht an der materiellen Rechtskraft teil. Die Bindungswirkung ist aber eine notwendige Folge des von § 103 II BetrVG vorgegebenen engen Zusammenhangs zwischen dem Zustimmungsersetzungsverfahren und dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess. Bezogen auf dieselben Kündigungsgründe ist letzterer nur eine inhaltliche Fortsetzung des rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses (ausf. dazu BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 42 = NJW 2018, 2661 Ls.; BAGE 102, 190 = NJW 2003, 1204 [zu II 1 b aa]).
- Danach ist der Kl. mit dem Einwand präkludiert, es fehle an einem wichtigen Grund iSd § 626 I BGB für die außerordentliche Kündigung vom 16.6.2016. Er hat sich nicht darauf berufen, es lägen Tatsachen vor, die er nicht bereits im Zustimmungsersetzungsverfahren habe geltend machen können und die von Bedeutung für das Vorliegen des wichtigen Grundes im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung am 16.6.2016 gewesen wären.
- Der Kl. war ordnungsgemäß nach § 83 III ArbGG am Zustimmungsersetzungsverfahren beteiligt. Gegen diese Feststellung des LAG wendet er sich mit der Revision nicht mehr.
- Ob der Zustimmungsersetzungsbeschluss zu Recht ergangen ist, unterliegt aufgrund seiner Rechtskraft nicht mehr der Überprüfung im vorliegenden Rechtsstreit. Dies betrifft auch die Frage, ob der Zustimmungsersetzungsantrag aufgrund von seitens der Bekl. bereits während des laufenden Zustimmungsersetzungsverfahrens am 11. und 17.3.2015 erklärter Kündigungen unzulässig geworden war. Es bedarf demnach weder der Erörterung, ob der Kl. mit entsprechendem Vorbringen im Revisionsverfahren noch gehört werden könnte, noch, ob die Kündigungen nicht ohnehin allenfalls vorsorglich erklärt waren für den Fall, dass es einer Zustimmungsersetzung durch das Gericht nicht bedurfte. Eine Kündigung, die ein Arbeitgeber im Lauf des gerichtlichen Verfahrens nach § 103 II BetrVG gegenüber dem betreffenden Arbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats unter Aufrechterhaltung seines Ersetzungsantrags ausspricht, ist in der Regel nur vorsorglich für den Fall erklärt, dass es einer Zustimmung des Betriebsrats nicht (mehr) bedarf, so dass sie nicht als eine Rücknahme des aufrechterhaltenen Zustimmungsersuchens bzw. als sein „Fallenlassen“ verstanden werden kann (BAG, AP KSchG 1969 § 15 Nr. 68 = NZA-RR 2011, 348 Rn. 24; entgegen LAG Hamm, Vorbehaltsurt. v. 4.8.2000 – 10 TaBV 7/00, BeckRS 2000, 30786047). Die von der Revision herangezogenen Entscheidungen des Senats vom 24.10.1996 (BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 32 = NZA 1997, 371) und vom 9.7.1998 (BAGE 89, 220 = NZA 1998, 1273 [zu II 2 b]) betrafen dagegen andere Fallgestaltungen, nämlich eine Kündigung noch während des Verfahrens nach § 103 I BetrVG (BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 32 = NZA 1997, 371 [zu II 4 a und b]) bzw. eine Kündigung erst nach Verkündung des Zustimmungsersetzungsbeschlusses für den Fall, dass dieser nicht rechtskräftig wird.
- Die Verfahrensrüge, das LAG habe Sachvortrag zu mit der Berufungsbegründung vorgebrachten erheblichen
BAG: Außerordentliche Kündigung eines Betriebsratsmitglieds(NJW 2018, 2659)
neuen Tatsachen übergangen, hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet. Von einer Begründung sieht er ab (§ 564 S. 1 ZPO).
- Der Kl. war ordnungsgemäß nach § 83 III ArbGG am Zustimmungsersetzungsverfahren beteiligt. Gegen diese Feststellung des LAG wendet er sich mit der Revision nicht mehr.
- Infolge der spezifischen Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung im Zustimmungsersetzungsverfahren kann sich der in diesem nach § 83 III ArbGG beteiligte Arbeitnehmer im späteren, die außerordentliche Kündigung betreffenden Kündigungsschutzverfahren bezüglich des Vorliegens eines wichtigen Grundes iSv § 626 BGB nur auf solche Tatsachen berufen, die er im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geltend gemacht hat und auch nicht hätte geltend machen können (BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 42 = NJW 2018, 2661 Ls.; BAGE 102, 190 = NJW 2003, 1204 [zu II 1 a]). Dies folgt zwar nicht allein aus der Rechtskraftwirkung des Beschlusses gem. § 322 I ZPO. Der Umstand, dass ein wichtiger Grund für die beabsichtigte außerordentliche Kündigung besteht, nimmt als bloßes Begründungselement für den Entscheidungsausspruch, die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen, nicht an der materiellen Rechtskraft teil. Die Bindungswirkung ist aber eine notwendige Folge des von § 103 II BetrVG vorgegebenen engen Zusammenhangs zwischen dem Zustimmungsersetzungsverfahren und dem nachfolgenden Kündigungsschutzprozess. Bezogen auf dieselben Kündigungsgründe ist letzterer nur eine inhaltliche Fortsetzung des rechtskräftig abgeschlossenen Vorprozesses (ausf. dazu BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 42 = NJW 2018, 2661 Ls.; BAGE 102, 190 = NJW 2003, 1204 [zu II 1 b aa]).
- Die Bekl. hat die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 II BGB gewahrt.
- Aufgrund der spezifischen Bindungswirkung des rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens (13 TaBV 58/15) steht für das vorliegende Kündigungsschutzverfahren ebenfalls fest, dass die Bekl. die Kündigungserklärungsfrist des § 626 II BGB nicht deshalb versäumt hat, weil ihr der zur Begründung der Kündigung angeführte Sachverhalt bei Einleitung des Beschlussverfahrens länger als zwei Wochen bekannt gewesen wäre.
- Nach der Senatsrechtsprechung ist die Fristenregelung in § 91 V SGB IX (seit 1.1.2018: § 174 V SGB IX) analog anzuwenden, wenn vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ein betriebsverfassungsrechtliches Mitbestimmungsverfahren durchzuführen ist (vgl. BAG, AP BPersVG § 108 Nr. 13 = NZA-RR 2014, 236 Rn. 42). Hat der Arbeitgeber beim Betriebsrat innerhalb der Frist des § 626 II BGB die erforderliche Zustimmung beantragt und bei deren ausdrücklicher oder wegen Fristablaufs zu unterstellender Verweigerung das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung nach § 103 II BetrVG beim ArbG eingeleitet, ist die Kündigung nicht wegen einer Überschreitung der Frist unwirksam, wenn das Zustimmungsersetzungsverfahren bei ihrem Ablauf noch nicht abgeschlossen ist (vgl. BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 32 = NZA 1997, 371 [zu II 1]). Die Kündigung kann vielmehr auch noch nach Ablauf der Frist des § 626 II BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung erklärt wird
(BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 46 = NJW 2018, 2661 Ls.). - Das Gericht hat bereits im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 103 II BetrVG zu prüfen, ob dieses innerhalb der Frist des § 626 II BGB eingeleitet worden ist. Anderenfalls darf es dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmungsersetzung nicht stattgeben, da einen wichtigen Grund iSd § 626 BGB nur Umstände bilden können, hinsichtlich derer die Kündigungserklärungsfrist des § 626 II BGB nicht schon bei Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens verstrichen ist. Dagegen geht es bei der Frage, ob die Kündigung unverzüglich nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Zustimmungsersetzungsbeschlusses erklärt worden ist, um erst nach Abschluss des Zustimmungsersetzungsverfahrens liegende – neue – Tatsachen. Eine Unwirksamkeit der Kündigung aus diesem Grund kann der Arbeitnehmer zwangsläufig nicht schon im Zustimmungsersetzungsverfahren, sondern erst im Kündigungsrechtsstreit geltend machen, die Bindungswirkung des Zustimmungsersetzungsbeschlusses erstreckt sich darauf nicht
(BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 48 = NJW 2018, 2661 Ls.). - Beachtliche Einwände gegen die Senatsrechtsprechung macht weder die Revision geltend noch sind sie sonst ersichtlich.
- Die von der Revision herangezogenen Stimmen im Schrifttum sprechen sich entgegen dem Verständnis des Kl. nicht dafür aus, die Einhaltung der Frist des § 626 II BGB vollumfänglich von der Präklusionswirkung des Zustimmungsersetzungsverfahrens auszunehmen. Zum Teil befassen sie sich schon nicht mit der Bindungswirkung spezifisch bezogen auf die Wahrung der Erklärungsfrist des § 626 II BGB (Richardi/Thüsing, BetrVG, 15. Aufl., ebenso wie 16. Aufl., § 103 Rn. 89; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, 4. Aufl., ebenso wie 5. Aufl., § 103 Rn. 26; nicht anders KR/Etzel/Rinck, 11. Aufl., BetrVG, § 103 Rn. 152). Im Übrigen wird – im Sinne der Senatsrechtsprechung – darauf verwiesen, dass sich der Arbeitnehmer nach rechtskräftiger Zustimmungsersetzung grundsätzlich nicht mehr auf Kündigungshindernisse berufen kann, die er schon im Zustimmungsersetzungsverfahren hätte einwenden können, etwas anderes könne unter anderem dann gelten, wenn die Einhaltung der Frist des § 626 II BGB streitig sei (Fitting, 29. Aufl., § 103 Rn. 47). Dies sei der Fall, wenn es um Umstände geht, die im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geprüft werden konnten, so dass etwa bezogen auf die Frist des § 626 II BGB von der Bindungswirkung nicht umfasst sei, ob der Arbeitgeber die Kündigung auch unverzüglich nach der Zustimmungsersetzung erklärt hat (ebenso APS/Linck, 5. Aufl., BetrVG, § 103 Rn. 51; Fischermeier, ZTR 1998, 433 [437]).
- Die Reichweite der Bindungswirkung des Zustimmungsersetzungsbeschlusses für das Vorliegen eines wichtigen Grundes iSv § 626 BGB richtet sich demnach allein danach, ob es um Einwände geht, die bereits im Zustimmungsersetzungsverfahren hätten geltend gemacht werden können oder ob dies nicht der Fall ist (ebenso SPV/Vossen, 11. Aufl., Rn. 1763). Die rechtzeitige Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens innerhalb der Frist des § 626 II BGB ist indes bereits im Zustimmungsersetzungsverfahren zu prüfen und deshalb von der Bindungswirkung eines dieses rechtskräftig abschließenden Zustimmungsersetzungsbeschlusses umfasst.
- Die von der Revision herangezogenen Stimmen im Schrifttum sprechen sich entgegen dem Verständnis des Kl. nicht dafür aus, die Einhaltung der Frist des § 626 II BGB vollumfänglich von der Präklusionswirkung des Zustimmungsersetzungsverfahrens auszunehmen. Zum Teil befassen sie sich schon nicht mit der Bindungswirkung spezifisch bezogen auf die Wahrung der Erklärungsfrist des § 626 II BGB (Richardi/Thüsing, BetrVG, 15. Aufl., ebenso wie 16. Aufl., § 103 Rn. 89; HaKo-BetrVG/Kloppenburg, 4. Aufl., ebenso wie 5. Aufl., § 103 Rn. 26; nicht anders KR/Etzel/Rinck, 11. Aufl., BetrVG, § 103 Rn. 152). Im Übrigen wird – im Sinne der Senatsrechtsprechung – darauf verwiesen, dass sich der Arbeitnehmer nach rechtskräftiger Zustimmungsersetzung grundsätzlich nicht mehr auf Kündigungshindernisse berufen kann, die er schon im Zustimmungsersetzungsverfahren hätte einwenden können, etwas anderes könne unter anderem dann gelten, wenn die Einhaltung der Frist des § 626 II BGB streitig sei (Fitting, 29. Aufl., § 103 Rn. 47). Dies sei der Fall, wenn es um Umstände geht, die im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht geprüft werden konnten, so dass etwa bezogen auf die Frist des § 626 II BGB von der Bindungswirkung nicht umfasst sei, ob der Arbeitgeber die Kündigung auch unverzüglich nach der Zustimmungsersetzung erklärt hat (ebenso APS/Linck, 5. Aufl., BetrVG, § 103 Rn. 51; Fischermeier, ZTR 1998, 433 [437]).
- Danach ist der Kl. im vorliegenden Rechtsstreit ebenso mit dem Einwand präkludiert, die Bekl. habe bereits länger als zwei Wochen vor Einleitung des Zustimmungsersetzungsverfahrens Kenntnis vom Kündigungssachverhalt gehabt.
- Nach der Senatsrechtsprechung ist die Fristenregelung in § 91 V SGB IX (seit 1.1.2018: § 174 V SGB IX) analog anzuwenden, wenn vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung ein betriebsverfassungsrechtliches Mitbestimmungsverfahren durchzuführen ist (vgl. BAG, AP BPersVG § 108 Nr. 13 = NZA-RR 2014, 236 Rn. 42). Hat der Arbeitgeber beim Betriebsrat innerhalb der Frist des § 626 II BGB die erforderliche Zustimmung beantragt und bei deren ausdrücklicher oder wegen Fristablaufs zu unterstellender Verweigerung das Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung nach § 103 II BetrVG beim ArbG eingeleitet, ist die Kündigung nicht wegen einer Überschreitung der Frist unwirksam, wenn das Zustimmungsersetzungsverfahren bei ihrem Ablauf noch nicht abgeschlossen ist (vgl. BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 32 = NZA 1997, 371 [zu II 1]). Die Kündigung kann vielmehr auch noch nach Ablauf der Frist des § 626 II BGB erfolgen, wenn sie unverzüglich nach der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung erklärt wird
- Die Bekl. hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 II BGB mit der dem Kl. am 16.6.2016 zugegangenen Kündigung auch im Übrigen gewahrt. Sie hat die Kündigung unverzüglich nach Eintritt der formellen Rechtskraft des Zustimmungsersetzungsbeschlusses vom 14.3.2016 erklärt. Der die Nichtzulassungsbeschwerde des Kl. verwerfende Beschluss des Senats vom 2.6.2016 ist der Bekl. am 16.6.2016 zugestellt worden. Die Kündigung ging dem Kl. noch am selben Tag zu.
- Aufgrund der spezifischen Bindungswirkung des rechtskräftig abgeschlossenen Zustimmungsersetzungsverfahrens (13 TaBV 58/15) steht für das vorliegende Kündigungsschutzverfahren ebenfalls fest, dass die Bekl. die Kündigungserklärungsfrist des § 626 II BGB nicht deshalb versäumt hat, weil ihr der zur Begründung der Kündigung angeführte Sachverhalt bei Einleitung des Beschlussverfahrens länger als zwei Wochen bekannt gewesen wäre.
Anmerkung der Redaktion
S. zur Vorinstanz (LAG Hamm, NZA-RR 2017, 645) die Anm. Bader, NZA-RR 2017, 647. – Die Entscheidung BAG, AP BetrVG 1972 § 103 Nr. 61 = NZA 2018, 240 Rn. 48 = NJW 2018, 2661 Ls. wird besprochen von Brodtrück, ArbAktuell 2018, 96.
Beck Online, BAG, Urteil vom 25.04.2018 – AZR 401/17
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