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Inhalt

ArbG Hamburg 24. Kammer - 24 BVGa 1/24
Arbeitsrecht

Orientierungssatz

  1. Wendet man die Grundsätze der ständigen BAG-Rechtsprechung an, so fallen die Vorgaben zur Nutzung von ChatGPT und vergleichbarer Tools unter das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten. Der Arbeitgeber stellt seinen Arbeitnehmern ein neues Arbeitsmittel unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung. Richtlinien, Handbuch usw. sind somit Anordnungen, welche die Art und Weise der Arbeitserbringung betreffen, weshalb kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs 1 Nr 1 BetrVG besteht.
  2. Wenn der Arbeitnehmer selbst einen Account bei ChatGPT anlegen und eventuell entstehende Kosten auch selbst tragen muss, erhält der Arbeitgeber keinerlei Meldung, wann welcher Arbeitnehmer wie lange und mit welchem Anliegen ChatGPT genutzt hat. Dass der Hersteller etwa von ChatGPT die vorgenannten Daten aufzeichnet, ist zu unterstellen. Dies führt aber nicht zur Mitbestimmung, denn der dadurch entstehende Überwachungsdruck wird nicht vom Arbeitgeber ausgeübt. Dieser kann auf die vom Hersteller gewonnenen Informationen nicht zugreifen.
  3. Auch die Vorgabe, dass Arbeitnehmer Arbeitsergebnisse, die mittels Unterstützung von Künstlicher Intelligenz entstanden sind, kennzeichnen müssen, führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs 1 Nr 6 BetrVG. Wie ausgeführt muss die technische Einrichtung die Überwachung selbst bewirken, um eine Mitbestimmung auszulösen. Die Kennzeichnung und die damit verbundene Kontrollmöglichkeit, wer Chatbots einsetzt, erfolgt aber hier durch den Arbeitnehmer selbst und nicht durch das Tool.

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes von der Beteiligten zu 2. u.a., dass diese ihren Mitarbeitern den Einsatz von ChatGPT und anderen Systemen der Künstlichen Intelligenz verbietet.

Die Beteiligte zu 2. gehört zur X-Gruppe, einem global agierenden Hersteller im Bereich der Medizintechnik. Sie hat ihren Sitz in Hamburg, wo sie in einem Gemeinschaftsbetrieb mit der X1 Z. GmbH rund 1.600 Mitarbeiter beschäftigt. Der Antragsteller ist der bei der Beteiligten zu 2. gebildete Konzernbetriebsrat.

Die Antragsgegnerin möchte generative Künstliche Intelligenz als neues Werkzeug den Mitarbeitenden bei der Arbeit zur Unterstützung nutzbar machen.

Nach kurzzeitiger Sperrung des Internetzugangs zu ChatGPT auf den Systemen der Beteiligten zu 2. schaltete diese am 18.12.2023 das vorgenannte Tool zur Nutzung durch ihre Mitarbeiter wieder frei. Sie veröffentlichte am selben Tag auf deren Intranetplattform die

 „Guidelines for Generative Al Utilization“, die Generative KI-Richtlinie Version 1 und das Handbuch „Generative al Manual ver.1.0.“ (Anlagenkonv. ASt. 3 – Nr. 7 d.A.), die den Arbeitnehmern Vorgaben machen, wenn diese bei der Arbeit IT-Tools mit künstlicher Intelligenz bei der Arbeit nutzen. Gleichzeitig veröffentlichte die Beteiligte zu 2. im Intranet eine Erklärung an die Mitarbeiter (Anl. ASt. 4 – Nr. 8 d.A.), in der über die KI-Leitlinien informiert wird und in der diese erklärte: „Nutzen wir die generative KI als neues Werkzeug, um unsere Arbeit zu unterstützen.“

ChatGPT und auch andere Systeme der generativen Künstlichen Intelligenz werden dabei nicht auf den Computersystemen der Beteiligten zu 2. installiert. Die Nutzung der vorgenannten Tools erfolgt mittels Webbrowser und erfordert lediglich die Anlegung eines Accounts auf dem Server des jeweiligen Herstellers. Wollen die Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. ChatGPT nutzen, müssen diese eigene, private Accounts anlegen. Dienstliche Accounts werden von der Beteiligten zu 2. zurzeit nicht erteilt. Sofern die Nutzung Kosten verursacht, müssen diese die Arbeitnehmer tragen. Die Beteiligte zu 2. hat keine Informationen, welcher ihrer Mitarbeiter einen Account eingerichtet hat; wann, in welchem Zusammenhang und wie lange er das Tool nützt und welche Informationen er gegenüber dem System preisgibt.

Der Antragsteller forderte die Beteiligte zu 2. mit Mail vom 18.12.2023 (Anlage ASt 5 – Nr. 9 d.A.) auf, neben ChatGPT auch die weiteren Programme zu sperren und wies darauf hin, dass, solange nicht eine Rahmen-KBV zum Thema KI fertiggestellt ist, die Nutzung von KI basierten Tools und Software weiterhin untersagt wird. Die Beteiligte zu 2. weigerte sich letztmalig durch E-Mail vom 03.01.2024 (Anl. ASt. 11 – Nr. 15 d.A.), die Freischaltung von ChatGPT zurückzunehmen.

Der Antragsteller trägt vor,

die Beteiligte zu 2. habe durch die Entsperrung von ChatGPT verbunden mit der Veröffentlichung von Richtlinien zur Nutzung generativer Künstlichen Intelligenz die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des Antragstellers grob verletzt.

Es bestehe ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. So werde den Mitarbeitern durch die Guideline bzw. das Handbuch bei der Anwendung von Künstlicher Intelligenz Vorgaben gemacht, weshalb das Ordnungsverhalten betroffen sei.

Ferner bestehe bei Einführung und Anwendung von Künstlicher Intelligenz regelmäßig ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 I Nr. 6 BetrVG, wenn personenbezogene Informationen hinsichtlich der Nutzung von Künstlicher Intelligenz durch die Arbeitnehmer erfasst und verarbeitet werden. Durch die Verlagerung der Verarbeitung von Arbeitnehmerdaten auf Dritte könne das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG nicht umgangen werden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, das weitere personenbezogene Daten eingegeben werden. Auch sei nicht ersichtlich, wie die Beteiligte zu 2. überprüfen möchte, wie die Guidelines eingehalten und ChatGPT im „Non-Training-Modus“ genutzt wird. Der Antragsteller dürfe seine Zustimmung zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz berechtigterweise verweigern, wenn durch sie die Arbeitsschritte der Arbeitnehmer lückenlos überwacht werden könnte.

Auch sei das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG berührt, da mit der Einführung neuer Software psychische Belastungen der Arbeitnehmer einhergehen können. Weiterhin habe die Beteiligte zu 2. das Mitwirkungsrecht des § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG missachtet.

Um den eingetretenen mitbestimmungswidrigen Zustand zu beseitigen, müsse die Beteiligte zu 2. die Informationen über die Nutzung der Künstlichen Intelligenz im Intranet entfernen, die Richtlinie und die Erlaubnis zur Nutzung der Künstlichen Intelligenz durch die Arbeitnehmer zurücknehmen. Losgelöst vom konkreten Einzelfall solle mittels der Anträge zu 3. und 4. festgestellt werden, dass Mitbestimmungs- bzw. Mitwirkungsrechte des Antragstellers bei der Einführung von Künstlicher Intelligenz bestehen. Ein Verfügungsgrund liege in der besonderen Eilbedürftigkeit, um wesentliche Nachteile abzuwenden. 

Der Antragsteller beantragt:

1. der Antragsgegnerin aufzugeben, die im Intranet veröffentlichten „Guidelines for Generative Al Utilization“, die“ Generative KI-Richtlinie Version 1“ und das Handbuch „Generative al Manual ver.1.0“, welche die Mitarbeitenden durch die Nutzung generativer KI bei der Antragsgegnerin führt, zu entfernen, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung durch einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

2. der Antragsgegnerin aufzugeben, den Mitarbeitenden die Nutzung von Anwendungen mit generativer künstlicher Intelligenz im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit zu verbieten, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung durch einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

3. der Antragsgegnerin aufzugeben, den Mitarbeitenden die Nutzung von Anwendungen von ChatGPT im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit zu verbieten, solange der Antragsteller die Zustimmung nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung durch einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

4. der Antragsgegnerin für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die Verpflichtungen aus Nr. 1 bis Nr. 3 - bezogen für jeden Tag und jeden Arbeitnehmer – ein Zwangsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Zwangshaft gegen den gesetzlichen Vertreter, anzudrohen;

5. die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Zustimmung des Antragstellers vor der Anordnung oder Duldung der Nutzung von Systemen durch Mitarbeitende im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit, die auf künstliche Intelligenz zurückgreifen, einzuholen, bzw. sich die Zustimmung andernfalls durch die Einigungsstelle ersetzen zu lassen;

6. hilfsweise der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, die Nutzung von Chat GPT anzuordnen oder zu dulden, solange der Antragsteller die Zustimmung zur Einführung und Nutzung von ChatGPT nicht erteilt hat oder im Verweigerungsfall die fehlende Zustimmung durch einen die Zustimmung ersetzenden Spruch der Einigungsstelle ersetzt worden ist;

7. der Antragsgegnerin für den Fall der Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus Nr. 6 - bezogen für jeden Tag und jeden Arbeitnehmer – ein Ordnungsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft gegen den gesetzlichen Vertreter anzudrohen;

8. höchst hilfsweise festzustellen, dass dem Antragsteller in Fällen der Anordnung oder Duldung der Nutzung von Systemen und Anwendungen der Künstlichen Intelligenz durch Mitarbeitende im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 BetrVG zusteht;

9. die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller vor der Anordnung oder Duldung der Nutzung von Systemen durch Mitarbeitende im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit, die auf künstliche Intelligenz zurückgreifen, umfassend und rechtzeitig nach § 90 BetrVG zu unterrichten;

10. hilfsweise der Antragsgegnerin aufzugeben, es zu unterlassen, die Nutzung von Systemen der Künstlichen Intelligenz anzuordnen oder zu dulden, solange der Antragsgegner den Mitwirkungsanspruch des Antragsstellers gemäß § 90 BetrVG nicht erfüllt hat;

11. höchst hilfsweise eine gemäß § 938 ZPO in das Ermessen des Gerichts gestellte Anordnung zu treffen, die geeignet ist, die mitbestimmungswidrige Maßnahme der Antragsgegnerin zu unterbinden, um die Beteiligungsrechte des Antragstellers nach dem Betriebsverfassungsrecht zu wahren. 

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

die Anträge zurückzuweisen. 

Die Beteiligte zu 2. ist der Auffassung,

dass der Einsatz von ChatGPT keinen Überwachungsdruck begründen könne, da sie als Arbeitgeberin technisch keine Eingriffs-, Kontroll- bzw. Zugriffsmöglichkeit auf ChatGPT habe. Mit der erarbeiteten Datenschutzfolgeabschätzung zu ChatGPT sowie durch die Richtlinie mit Handlungsempfehlungen für die Nutzung des Tools seien Datenschutzbedenken ausgeräumt, weshalb die Beteiligte zu 2. die Sperrung aufgehoben habe. Die für die Arbeitnehmer freiwillige Nutzung von ChatGPT sei im Ergebnis nicht anders zu bewerten, wie die Nutzung der Google-Suchfunktion zur Arbeitserledigung.

Die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 23 Abs. 3 BetrVG sei im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht statthaft. Auch bestehe kein anderweitiger Unterlassungsanspruch, da sich die Beteiligte zu 2. nicht mitbestimmungswidrig verhalten habe. Gegen § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG werde nicht verstoßen, da ChatGPT ein Arbeitsmittel darstelle, weshalb hier das Arbeits- und nicht das Ordnungsverhalten betroffen sei. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG erfordere stets die Speichermöglichkeit und die anschließende Zugriffsmöglichkeit durch den Arbeitgeber, was technisch unmöglich sei, solange den Beschäftigten keine Firmenaccounts zur Verfügung gestellt werden. Den Informationsanspruch aus § 90 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG habe die Beteiligte zu 2. gegenüber dem Antragsteller erfüllt. 

II.

Die Anträge waren zurückzuweisen, da sie teils unzulässig, teils unbegründet sind. 1.

Der Antrag zu 1. ist zulässig, jedoch unbegründet.

a) Der Antrag, Guidelines, Handbuch und KI-Richtlinie vom Intranet der Beteiligten zu 2. zu entfernen, ist hinreichend bestimmt i.S.d. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

b) Der Antrag ist unbegründet, denn es fehlt bereits an einem Verfügungsanspruch des Beteiligten zu 1. (§§ 935, 940 ZPO, § 85 Abs. 2 ArbGG).

aa) Es kann dabei dahinstehen, ob ein Anspruch aus § 23 Abs. 3 BetrVG im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes geltend gemacht werden kann (bejahend: LAG Rheinland-Pfalz vom 24.01.2019 – 2 TaBVGa 6/18; Fitting, § 23 BetrVG, Rn.76, Oetker, in: GK-BetrVG, § 23 BetrVG, Rn. 262; ablehnend: Besgen, in: Beck-OK Arbeitsrecht, § 23 BetrVG, Rn. 35; Koch, in: ErfK, § 23 BetrVG, Rn. 23; Thüsing, in: Richardi, § 23 BetrVG, Rn. 105), denn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 3 BetrVG liegen nicht vor. Die Beteiligte zu 2. hat mit dem Einstellen von Guidelines, Handbuch und KI-Richtlinien ohne zuvor den Konzernbetriebsrat beteiligt zu haben, keine groben Verstöße gegen ihre Pflichten aus dem BetrVG begangen.

 (1) Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers hat die Beteiligte zu 2. mit den vorgenannten Maßnahmen, die zur Gestattung der Nutzung von ChatGPT und vergleichbarer Konkurrenzprogramme durch die Mitarbeiter geführt haben, § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht verletzt.

Nach dieser Vorschrift hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten. Es beruht darauf, dass die Beschäftigten ihre vertraglich geschuldete Leistung innerhalb einer vom Arbeitgeber vorgegebenen Arbeitsorganisation erbringen und deshalb dessen Weisungsrecht unterliegen. Das berechtigt den Arbeitgeber dazu, Regelungen vorzugeben, die das Verhalten der Beschäftigten im Betrieb beeinflussen und koordinieren sollen. Solche Maßnahmen bedürfen der Zustimmung des Betriebsrats. Dies soll gewährleisten, dass die Beschäftigten gleichberechtigt an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens teilhaben können (BAG vom

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des BAG hat der Betriebsrat entgegen dem überschießenden Wortlaut nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das so genannte Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer betreffen. Dieses ist berührt, wenn die Maßnahme auf die Gestaltung des kollektiven Miteinander oder die Gewährleistung und Aufrechterhaltung der vorgegebenen Ordnung des Betriebs zielt (BAG vom 27.09.2005 - 1 ABR 32/04). Mitbestimmungsfrei sind dagegen Maßnahmen, die das so genannte Arbeitsverhalten der Beschäftigten regeln. Darum handelt es sich, wenn der Arbeitgeber kraft seines arbeitsvertraglichen Weisungsrechts näher bestimmt, welche Arbeiten auszuführen sind und in welcher Weise das geschehen soll. Mitbestimmungsfrei sind deshalb Anordnungen, mit denen lediglich die Arbeitspflicht konkretisiert wird (BAG vom 23.08.2018 – 2 AZR 235/18). Die Entscheidung, ob, wann und wie die vertraglich zugesagte Arbeit zu erledigen ist und wie deren Erbringung kontrolliert und gesichert wird, fällt nicht unter den Mitbestimmungstatbestand (BAG vom 15.04.2014 – 1 ABR 85/12).

Wendet man diese Grundsätze der ständigen BAG-Rechtsprechung an, so fallen die Vorgaben zur Nutzung von ChatGPT und vergleichbarer Tools unter das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten (so auch: Holthausen, RdA 2023, S. 261 ff.; Kalbfus/Schöberle, NZA 2023, S. 251 ff.; Witteler, ZD 2023, S. 377 ff.). Die Beteiligte zu 2. stellt ihren Arbeitnehmern ein neues Arbeitsmittel unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung. Richtlinien, Handbuch usw. sind somit Anordnungen, welche die Art und Weise der Arbeitserbringung betreffen, weshalb kein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht.

Der Antragsteller hat in der mündlichen Verhandlung den Einwurf erhoben, dass durch die Erlaubnis der Beteiligten zu 2., die Arbeitnehmer können entscheiden, ob sie ChatGPT einsetzen, letztlich zwei Gruppen von Arbeitnehmern geschaffen wer/den, nämlich die Gruppe der Arbeitnehmer, die Künstlicher Intelligenz aufgeschlossen und die Gruppe, die dieser Entwicklung skeptisch gegenüberstehen, weshalb das Zusammenleben der Belegschaft und damit das Ordnungsverhalten betroffen seien. Eine solche Ansicht hätte zur Konsequenz, dass die nicht flächendeckende Einführung neuer Arbeitsmittel für vergleichbare Arbeitnehmer stets zu einer Zweiteilung führt, nämlich der Gruppe, welche das neue Arbeitsmittel einsetzt und der Gruppe, die noch mit den alten Arbeitsmitteln ihre Arbeitspflicht erfüllt, so dass in diesen Fällen der Betriebsrat zu beteiligen wäre, obwohl der Arbeitgeber nur Anordnungen getroffen hat, wie die Arbeit zu leisten ist. Dies ist mit dem gesetzgeberischen Willen, warum § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ein Beteiligungsrecht begründen soll, nicht vereinbar.

(2) Auch das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat die Beteiligte zu 2. nicht verletzt. Nach § § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat u.a. mitzubestimmen bei der Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Das Mitbestimmungsrecht ist darauf gerichtet, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen ihres Persönlichkeitsrechts durch den Einsatz technischer Überwachungseinrichtungen zu bewahren, die nicht durch schutzwerte Belange des Arbeitgebers gerechtfertigt und unverhältnismäßig sind (BAG vom 03.12.2016 – 1 ABR 7/15). „Überwachung“ im Sinne des Mitbestimmungsrechts ist ein Vorgang, durch den Informationen über das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern seitens des Arbeitgebers erhoben und – jedenfalls in der Regel – aufgezeichnet werden, um sie auch späterer Wahrnehmung zugänglich zu machen. Die Informationen müssen auf technische Weise ermittelt und dokumentiert werden, so dass sie zumindest für eine gewisse Dauer verfügbar bleiben und vom Arbeitgeber herangezogen werden können. Die Überwachung muss durch die technische Einrichtung selbst bewirkt werden. Dazu muss diese aufgrund ihrer technischen Natur unmittelbar die Überwachung vornehmen. Das setzt voraus, dass die technische Einrichtung selbst und automatisch die Daten über bestimmte Vorgänge erhebt, speichert und/oder verarbeitet. Ausreichend ist, wenn lediglich ein Teil des Überwachungsvorgangs mittels einer technischen Einrichtung erfolgt. Zur Überwachung „bestimmt“ sind technische Einrichtungen, wenn sie objektiv geeignet sind, dass der Arbeitgeber Verhaltens- oder Leistungsinformationen über den Arbeitnehmer erheben und aufzuzeichnen kann. Auf die subjektive Überwachungsabsicht des Arbeitgebers kommt es nicht an ((BAG vom 03.12.2016 – 1 ABR 7/15).

Vorliegend ist unstreitig, dass ChatGPT und die vergleichbaren Konkurrenzprodukte nicht auf den Computersystemen der Beteiligten zu 2. installiert wurden. Will ein Arbeitnehmer diese Tools nutzen, muss er diese wie jede andere Homepage auch, mittels eines Browsers aufrufen. Zwar wird der Browser die Einwahl regelmäßig aufzeichnen. Dies stellt aber keine Besonderheit von ChatGPT dar, sondern ergibt sich aus den Funktionsmöglichkeiten des Browsers, der den Surfverlauf des Nutzers abspeichert. Der Browser selbst ist somit eine technische Einrichtung, die geeignet ist, Leistungs- und Verhaltensinformationen der Arbeitnehmer aufzuzeichnen. Zur Nutzung von Browsern haben die Beteiligten eine Konzernbetriebsvereinbarung abgeschlossen, weshalb der Antragsteller sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 S. 1 BetrVG bereits ausgeübt hat.

Unstreitig ist, dass der Arbeitnehmer selbst einen Account bei ChatGPT anlegen und eventuell entstehende Kosten auch selbst tragen muss, weshalb die Beteiligte zu 2. keinerlei Meldung erhält, wann welcher Arbeitnehmer wie lange und mit welchem Anliegen ChatGPT genutzt hat. Dass der Hersteller etwa von ChatGPT die vorgenannten Daten aufzeichnet, ist zu unterstellen. Dies führt aber nicht zur Mitbestimmung, denn der dadurch entstehende Überwachungsdruck wird nicht vom Arbeitgeber ausgeübt. Die Beteiligte zu 2. kann auf die vom Hersteller gewonnenen Informationen nicht zugreifen. Mit der Nutzung von ChatGPT vergleichbar ist etwa „beck-online“ (Datenbank des Beck-Verlags), wenn der Nutzer seinen eigenen Account angelegt und die Kosten selber zu tragen hat.

Auch die Vorgabe der Beteiligten zu 2., dass Arbeitnehmer Arbeitsergebnisse, die mittels Unterstützung von Künstlicher Intelligenz entstanden sind, kennzeichnen müssen, führt nicht zu einem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Wie ausgeführt muss die technische Einrichtung die Überwachung selbst bewirken, um eine Mitbestimmung auszulösen. Die Kennzeichnung und die damit verbundene Kontrollmöglichkeit der Beteiligten zu 2., wer Chatbots einsetzt, erfolgt aber hier durch den Arbeitnehmer selbst und nicht durch das Tool.

(3) Ebenfalls ist ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG nicht ersichtlich. Voraussetzung für das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i.V.m. § 3a Abs. 1 S. 1 ArbStättV; § 3 Abs. 1 S. 1 ArbStättV ist eine vorliegende oder im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung nach § 5 ArbSchG festgestellte konkrete Gefährdung der Mitarbeiter (LAG Düsseldorf vom 09.01.2018 – 3 TaBVGa 6/17). Zu einer konkreten Gefährdung hat der Antragsteller nichts vorgetragen, sie sind auch sonst nicht erkennbar.

(4) Dahinstehen kann, ob die Beteiligte zu 2. die Unterrichtungs- und Beratungsrechte des Betriebsrats nach § 90 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BetrVG hinreichend erfüllt hat, denn ein einmaliger Verstoß gegen § 90 BetrVG stellt noch keine grobe Pflichtverletzung i.S.d. § 23 Abs. 3 BetrVG dar.

bb) Ein Verfügungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 87 Abs. 1 BetrVG. Zwar steht dem Betriebsrat zum Schutz seiner in § 87 Abs. 1 BetrVG aufgeführten Mitbestimmungsrechte ein negatorischer Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zu (BAG vom 23.03.2021 – 1 ABR 31/19; Richardi/Maschmann, in: Richardi, § 87 BetrVG, Rn. 134 ff.). Wie dargelegt ist aber im vorliegenden Fall kein Mitbestimmungsrecht des Antragsstellers berührt, weshalb auch kein Beseitigungsanspruch besteht.

cc) Aus § 90 BetrVG kann sich ein Verfügungsanspruch nicht ergeben, denn § 90 BertVG gewährt lediglich Unterrichtungs- und Beratungsrechte, aber kein Mitbestimmungsrecht, das den Arbeitgeber an einer einseitigen Durchführung der Maßnahme hindert. Daher würde eine einstweilige Verfügung gerichtet auf Beseitigung oder Unterlassen einer Maßnahme über den Hauptanspruch hinausgehen (vgl. nur: Fitting, § 90 BetrVG, Rn. 48).

2.

Der Antrag zu 2. ist unbestimmt und daher bereits unzulässig. Der Antragsteller möchte erreichen, dass die Beteiligte zu 2. den Mitarbeitern die Nutzung von Anwendungen mit generativer künstlicher Intelligenz im Zusammenhang mit der Erbringung der Arbeit verbietet. Nach dem auch im Beschlussverfahren anzuwendenden § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss eine Antragsschrift unter anderem einen „bestimmten Antrag“ enthalten. Ein Antrag im Beschlussverfahren unterliegt insoweit denselben Anforderungen wie im Urteilsverfahren. Dementsprechend muss der Verfahrensgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann (BAG vom 14. 09. 2010 − 1 ABR 32/09). Was der Antragsteller hier unter „Anwendungen mit generativer künstlicher Intelligenz“ versteht, ist nicht ersichtlich. Sofern nur die unmittelbaren Konkurrenzprodukte von ChatGPT erfasst sein sollen, hätten diese konkret bezeichnet werden müssen. Der Antrag begründet somit die Gefahr, dass im Falle seiner Entsprechung nicht feststeht, auf welche Programme sich das Nutzungsverbot erstreckt. Auf die Unbestimmtheit des Antrags hat die Kammer den Antragsteller in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

3.

Der Antrag zu 3. ist, da er allein ein Nutzungsverbot von ChatGPT verlangt, hinreichend bestimmt und zulässig, er ist aber bereits mangels Verfügungsanspruch unbegründet. So wurde bereits unter II.1. ausgeführt, dass die Beteiligte zu 2. in der bisher genutzten Art und Weise von ChatGPT kein Mitbestimmungsrecht des Antragstellers nach § 87 Abs. 1 BetrVG missachtet hat. Ob die Mitwirkungsrechte aus § 90 BetrVG in hinreichendem Maße beachtet wurden, kann dahinstehen, eine einzelner Verstoß gegen § 90 BetrVG stellt keine grobe Pflichtverletzung i.S.d. § 23 Abs. 3 BetrVG dar.

4.

Da die Anträge zu 1. bis 3. unzulässig bzw. unbegründet sind, ist auch der Antrag zu 4. zurückzuweisen.

5.

Der Antrag zu 5. ist unbestimmt und damit bereits unzulässig. Hierzu kann auf die Ausführungen unter II.2. verwiesen werden.

6.

Der Antrag zu 6. ist mangels Verfügungsanspruch unbegründet. Es wird hier auf die Ausführungen unter II.1. verwiesen.

7.

Wegen der Erfolglosigkeit des Antrags zu 6. ist auch der Antrag zu 7. zurückzuweisen.

8.

Der Hilfsantrag zu 8. ist mangels Feststellungsbedürfnis unzulässig. Der Antragsteller begehrt die Feststellung, dass die Anwendung von Künstlicher Intelligenz durch die Beteiligte zu 2. ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 BetrVG auslöst. Dieser Antrag zielt darauf ab, das Gericht zu einem Rechtsgutachten zu veranlassen, wofür bereits in einem Hauptsacheverfahren kein Feststellungsinteresse bestehen würde. Dies gilt erst recht im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes.

9.

Der Antrag zu 9. ist ebenfalls unzulässig, denn auch dieser ist völlig losgelöst vom konkreten Fall gestellt worden. Für ein Rechtsgutachten, dass die Anwendung von Künstlicher Intelligenz die Mitwirkungsrechte nach § 90 BetrVG auslöst, besteht – insbesondere im einstweiligen Verfügungsverfahren – kein Rechtsschutzbedürfnis. Gleiches gilt für den Antrag zu 10.

10.

Der Antrag zu 11. ist ebenfalls zurückzuweisen, denn es fehlt für eine einstweilige Verfügung bereits an einem Verfügungsanspruch. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II.1. verwiesen.

III.

Die Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG).

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